Bild: Edward John Poynter/gemeinfrei
Ein Gespräch über Psychoanalyse und Musik – und ihre Möglichkeiten, die Welt zu verändern
Was genau ist es, das Musik in uns »zum Klingen« bringt? Kann die moderne Popmusik einen Beitrag zu individueller und gesellschaftlicher Befreiung leisten, oder verhindert sie diese, als Teil der Kulturindustrie, eher? Darüber sprach M&R-Autor Matthias Rude mit Dr. Sebastian Leikert, Psychoanalytiker und Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Psychoanalyse und Musik, einem Zusammenschluss von Psychoanalytikern, Musikwissenschaftlern, Musiktherapeuten, Musikern und Musikliebhabern. Von Leikert sind mehrere Bücher zum Thema erschienen, darunter »Die vergessene Kunst. Der Orpheusmythos und die Psychoanalyse der Musik« und zuletzt, zusammen mit Jörg M. Scharff, »Korrespondenzen und Resonanzen: Psychoanalyse und Musik im Dialog«.
In der Geschichte der Psychoanalyse ist der Musik bislang wenig Aufmerksamkeit gewidmet worden. Weshalb?
Die Frage nach der sinnlichen Erkenntnis kam auch in der Philosophie erst recht spät auf. Die Ästhetik entstand als eigenständige philosophische Disziplin erst in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Sie gewann aber immer mehr Raum und Interesse. Ich denke, so läuft das auch in der Psychoanalyse. Die Forschung zur Kunst hat in den letzten Jahren jedenfalls deutlich zugenommen. Dazu gehört auch die Beschäftigung mit der Musik.
Sigmund Freud selbst bezeichnete sich ja als »ganz unmusikalisch« und, in Bezug auf die Tonkunst, sogar als »fast genussunfähig«. Nun hat die Psychoanalyse seit ihrer Entstehung eine über hundertjährige Entwicklung durchgemacht. Ist es noch immer ein unentschlüsseltes Geheimnis, warum Musik eine so eindringliche und bewegende Wirkung auf Menschen haben kann?
Freud meinte, eine rationalistische analytische Anlage in ihm sträube sich dagegen, »dass ich ergriffen sein und dabei nicht wissen solle, warum ich es bin und was mich ergreift«. Die Anlage, von der er spricht, ist die sprachliche Reflexion, und die ist in der Tat eine wichtige Fähigkeit des Menschen und auch eine Grundlage der analytischen Therapie. Natürlich ist die Psychoanalyse aber nicht bei Freud stehengeblieben. Inzwischen betrachtet sie auch sehr intensiv die Zeit vor dem Spracherwerb. Die Ansicht, dass die Wurzeln der Musik in die Zeit vor der Geburt zurückreichen, ist inzwischen psychoanalytisches Allgemeingut geworden.
Wie kann man sich das vorstellen?
Nun, die erste Begegnung mit der menschlichen Welt wird für den Fötus von der Stimme der Mutter geprägt. Die emotionalen Botschaften der mütterlichen Stimme sind die ersten, die der Mensch noch vor der Geburt empfängt und welche ihn prägen. Musik kann als eine Sublimierung der Beziehung zur mütterlichen Stimme verstanden werden. Sie hat, genau wie die menschliche Sprechstimme, eine melodische Kontur. Bei der Musik sind diese Konturen klarer als bei der Sprechstimme, aber beide dienen dem gleichen Ziel, nämlich der Übermittlung von Emotionen. Nach der Geburt spielt die Stimme, neben der körperlichen Zuwendung und dem Blickkontakt, weiterhin eine große Rolle.
Das komplette Interview lesen Sie in der M&R 5/2014, erhältlich ab dem 29. August 2014 am Kiosk, im Bahnhofsbuchhandel oder im Abonnement. Die Ausgabe können Sie auch im M&R-Shop bestellen.
Sebastian Leikert über den Zusammenhang von Kunst und Psychoanalyse:
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