
Foto:Son of Groucho / flickr.com / CC by 2.0 (https://www.flickr.com/photos/sonofgroucho/5823670108)
Der Schauspieler Rolf Becker und der Historiker Moshe Zuckermann über aktuelle Faschisierungstendenzen in der (politischen) Kultur Deutschlands und Israels
Agenda Aufklärung wider den reaktionären Zeitgeist: M&R gibt sich die Ehre und bittet Intellektuelle mit gleichen emanzipativen Positionen, aber verschiedenen gesellschaftlichen, historischen, kulturellen Perspektiven und Erfahrungen zum Kritischen Duett.
Moshe Zuckermann (MZ): In Israel finden Zensurmaßnahmen gegen Regierungskritiker statt. Was mich dabei interessiert, ist die Beobachtung, dass die Annahme, im Kapitalismus bedürfe es nicht mehr der offenen, rigorosen Bekämpfung unliebsamer kultureller Kritik, weil auch diese nahtlos in das System integrierbar ist, offenbar nicht mehr ganz stimmt. Jüngst hat Kulturministerin Miri Regev den Jerusalemer Bürgermeister Nir Barkat aufgefordert, einen Auftritt von Breaking the Silence (eine Organisation, die mit Hilfe von anonymen Zeugenaussagen israelischer Soldaten Menschenrechtsverletzungen des Besatzungsregimes öffentlich macht) in einer Galerie zu unterbinden. Wäre dies in Deutschland heute möglich – ich meine die ganz und gar unverhohlene Zensurintervention »von oben«?
Rolf Becker (RB): Zensurmaßnahmen staatlicherseits erübrigen sich bislang in der BRD. Der Grund: Die Mehrzahl der bürgerlichen Medien ist ohne Druck von oben so weit auf Regierungslinie eingeschwenkt, dass Maßnahmen wie vormals mit der »Gleichschaltung« unnötig sind (sollte sich infolge politischer Verwerfungen daran etwas ändern, gibt es die 1968 verabschiedeten Notstandsgesetze). Breaking the Silence ist zwar auch hierzulande umstritten, Absagen ihrer Veranstaltungen erfolgen aber auf Druck der israelischen Regierung oder von Organisationen, die sich an ihren Vorgaben orientieren, werden also nicht verordnet. Zensurmaßnahmen im kulturellen Bereich wüsste ich auch nicht zu nennen – wohl aber Selbstzensur, die wie selbstverständlich dem Mainstream folgt.
MZ: Ja, die vorauseilende Selbstbeschränkung der Medien und vieler Kulturinstitutionen kennen wir auch hier in Israel. …
Den kompletten Artikel lesen Sie in der Melodie & Rhythmus 2/2017, erhältlich ab dem 31. März 2017 am Kiosk, im Bahnhofsbuchhandel oder im Abonnement. Die Ausgabe können Sie auch im M&R-Shop bestellen.