1978 beklagte Tibor Kneif, Musikwissenschaftler und einer der bekanntesten Popschriftsteller der damaligen Zeit, den »Linksopportunismus« der Musikmagazine. Die würden einfach nicht einsehen wollen, dass »Rock eine Lebens- und Kunstart ist, die nur im Kapitalismus möglich ist«.
Keine Pink, kein Pink Floyd – nicht mal Pogo ohne Profit? Die M&R-Redaktion will das nicht so recht glauben und meint: Mehr als 35 Jahre später im neoliberal radikalisierten Kapitalismus ist eine Debatte über Kneifs These so notwendig wie nie zuvor. Daher entschlossen wir uns zu einem ersten Aufschlag. Das war gar nicht einfach. Musikmarktkritiker fanden sich problemlos, Befürworter hingegen nur schwer: Der Bundesverband Musikindustrie, diverse große Labels, marktaffine Kulturwissenschaftler – sie hatten entweder keine Zeit, antworteten nicht oder weigerten sich schlichtweg, den Kapitalismus zu verteidigen.
Schließlich wagte sich ein Mutiger vor, und wir konnten Kneifs These (in leicht modifizierter Fassung) endlich noch einmal in den Ring werfen:
Popkultur ist ohne Kapitalismus nicht möglich
PRO
Keine Popkultur ohne MarktwirtschaftOb man den vielen Metamorphosen populärer Musik zwischen Elvis Presley und Heinos jüngsten Ambitionen auf Rammsteins Bühne in Wacken nun differenzierte Beachtung schenkt – oder ob Epoche, Genre, Kulturgutpotenzial oder Halbwertzeit ihres Wegwerf-Faktors dabei unverdient über denselben Kamm geschoren werden, beides läuft dennoch auf ein einziges Resultat hinaus: Popkultur ist in ihren Ursprüngen subkulturell, und in ihren kulturell anerkannten Ausprägungen – beziehungsweise dem, was »geschichtlich überlebt« – durchläuft sie jeweils die systembedingten Filter: Kompatibilität zu kommerziellen Kriterien auf der einen Seite, Kompatibilität zur politischen Doktrin auf der anderen. …
Hubertus Maaß ist Sounddesigner, Musiker und Autor. Er ist als Dozent an der Hochschule Bremen und bei der Akademie Deutsche Pop tätig.
CONTRA
Kapitalismus ist ein Parasit der PopmusikPopmusik entstand aus dem Versuch, Individualität zu erkämpfen und über die Identifikation mit Musik in einer »Bande « Gleichgesinnter der Zwangsgemeinschaft der Klassengesellschaft zu entkommen. Das herrschende System verlangte Hörigkeit, Konformismus, saubere Klamotten. Die Antwort der Jugend: laute Mucke, rebellischer Hedonismus, eine eigene Mode, Rowdytum. …
Alan Ruben van Keeken ist Mitglied der Redaktion Z. Zeitschrift Marxistische Erneuerung (Themenschwerpunkt der aktuellen Ausgabe: »Musik und Gesellschaft«).
Den kompletten Artikel und die Standpunkte von Hubertus Maaß und Alan Ruben van Keeken lesen Sie in der M&R 3/2014, erhältlich ab dem 25. April 2014 am Kiosk, im Bahnhofsbuchhandel oder im Abonnement. Die Ausgabe können Sie auch im M&R-Shop bestellen.
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