Der Komponist Georg Friedrich Haas setzt sich mit dem Wahnhaften auseinander – um das Irrationale für Erkenntnis fruchtbar zu machen
Bastian Tebarth
Sein Werk hat mitunter den Charakter eines öffentlichen Exorzismus. Die obskurantistische Praxis der Teufelsaustreibung wird dabei allerdings zu einem Instrument der Aufklärung. Die Arbeiten von Georg Friedrich Haas gleichen musikalischen Riten, die das Irrationale als anthropologische Konstante behandeln und im Mythos den Keim der Aufklärung freizulegen suchen. Ziel ist die Austreibung des Destruktiven. In dem Wahn, der sich einstellen kann, wird der Mensch mit seinem eigenen Tod und seiner Ohnmacht konfrontiert. Es geht Haas also nicht um die Pathologisierung des Irrationalen, sondern um die Beschreibung der Folgen neuronaler Prozesse, die, ausgelöst durch eine existenzielle Bedrohung, zur Voraussetzung einer Befreiung werden können.
In seiner Oper »Koma« (2015/18) geht es beispielsweise um eine Frau, die nach einem Unfall bewusstlos im Krankenhaus liegt. Gemeinsam mit seinem langjährigen Librettisten, dem Dramatiker Händl Klaus, lässt der 1953 in Graz geborene Komponist die Familie der Frau am Krankenbett deren inneres Erleben als bizarres Schau- und Singspiel aufführen, das an Lars-von-Trier-Filme erinnert.
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Der komplette Beitrag erscheint in der Melodie & Rhythmus 2/2021, erhältlich ab dem 19. März 2021 am Kiosk, im Bahnhofsbuchhandel oder im Abonnement. Die Ausgabe können Sie auch im M&R-Shop bestellen.