»Das Antiautoritäre gehört zu unserem Berufsbild«: Oscar-Preisträger Hans Zimmer über seine Kompositionen für Hollywood-Filme und sein großes Vorbild Ennio Morricone
Interview: Katja Schwemmers, Foto: Klaus-Dietmar Gabbert/dapd
Gehen Sie auch mal an ein Drehset?
Immer! Ich bin jetzt wochenlang bei »The Dark Knight Rises« zugegen gewesen. Das gibt einem auch Ideen. »Fluch der Karibik« war insofern untypisch, weil ich erst ganz am Ende hinzugezogen wurde. Bei den meisten Filmen fange ich schon vor den Dreharbeiten an, Ideen zu skizzieren.
Können Sie wirklich zwei Soundtracks gleichzeitig komponieren?
Nein, eigentlich nicht. Aber wenn ich es doch muss, versuche ich einen so gut wie fertigzumachen, zur Seite zu legen und mich dem nächsten zu widmen. Im letzten halben Jahr war ich halb Sherlock Holmes und halb Batman!
Wenn Ihnen ein neues Projekt angetragen wird, wie fangen Sie dann an?
Der erste Schritt ist, mit dem Regisseur zum Abendessen zu gehen. Da spricht man dann über alles andere – nur nicht über den Film. Das ist so wie die Angst des Torwarts vorm Elfmeter! Irgendwann schaue ich mir die Bilder an, die der Regisseur für seine eigene Inspiration ausgewählt hat. Ich vermeide immer, die Drehbücher zu lesen. Ich bitte den Regisseur, mir die Geschichte zu erzählen, damit ich seine Schwerpunkte erkenne.
Was brauchen Sie zum Komponieren?
Kaffee. Die Angst, dass man es nicht schaff t. Und die Freundschaft des Regisseurs, der dich aufmuntert, wenn du glaubst, keine Ideen mehr zu haben. Und am Ende natürlich die Musiker, die das Komponierte toll klingen lassen. Ich schreibe ja schließlich für sie.
Tagträumen soll eine Ihrer Kreativquellen sein. Stundenlang sollen Sie dasitzen, bis Ihnen plötzlich etwas einfällt.
… oder auch nicht! Ich schreibe aber furchtbar gerne. Wenn ich aufwache, freue ich mich auf den Tag und darauf, dass ich heute wieder Musik schreiben oder an irgendetwas im Studio rumbasteln kann. Das wird nicht langweilig, sondern eigentlich immer besser und aufregender. Mittlerweile habe ich mir auch das Recht in Hollywood erworben, experimentelle Sachen zu machen. Und wenn die schief gehen, kann ich es einfach wegschmeißen, ohne dass mir irgendwer deshalb Vorwürfe macht.
Wie wichtig ist Filmmusik überhaupt für einen Film?
Ich war schon jahrelang im Filmgeschäft und wusste immer noch nicht, wie Filmmusik eigentlich funktionieren muss: Sie muss die Tür für Emotionen öff nen, sie muss die Möglichkeit geben, zu fühlen. Aber sie darf euch nicht sagen, wie ihr fühlen sollt!
Das komplette Interview lesen Sie in der Melodie&Rhythmus 1/2013, erhältlich ab dem 4. Januar 2013 am Kiosk, im Bahnhofsbuchhandel oder im Abonnement. Die Ausgabe können Sie auch im M&R-Shop bestellen.
Hans Florian Zimmer, geb. 1957 in Frankfurt/Main, Filmkomponist in Hollywood, Oscar-Preisträger für »Der König der Löwen (1995); weit über hundert Filmmusiken darunter »A World Apart« (»Zwei Welten«, 1988), »Rain Man« (1989), »Thelma und Louise« (1991), »Gladiator« (2001), »Fluch der Karibik 1-4« (2003-2011), »The Dark Knight« (2008), »Sherlock Holmes« (2010), »Inception« (2011), »The Dark Knight Rises« (2012); erhielt 2010 einen Stern auf dem Hollywood »Walk of Fame«.