Melodie & Rhythmus

M&R präsentiert Bosse

12.04.2014 18:50

Bosse
Foto: Christian Glatthor

Premiere für Bosse. Auch ein längst zum veritablen Star avancierter deutscher Liedermacher kann noch richtig Neues bieten. Das soll die kommende Tournee von Axel Bosse zeigen. Unter dem Motto »Leise Landung« will der Braunschweiger in ausgewählten Sälen akustische Versionen der Höhepunkte seiner bisher fünf Alben vortragen.

Wer sich darunter nun ein pures Unplugged- Konzept vorstellt und den Sänger nur mit Wandergitarre auf einem Barhocker erwartet, wird sich getäuscht sehen. Das wäre ihm dann wohl doch zu schnöde. Gibt Axel Bosse doch die neuen, sorgfältig ausgearbeiteten, sanften Arrangements seiner beliebtesten Stücke bevorzugt mit großer Besetzung, inklusive Streichern und Bläsern, zum Besten. Auch ohne klassische Lagerfeuerromantik wird es an diesen Abenden im Herbst intim und atmosphärisch zugehen.

Bevor es so weit ist, kommen Bosse und Band im Sommer noch auf eine umfangreiche Festivaltournee. Sozusagen zur Vorbereitung wird eine Doppel-CD mit Bonus- DVD seines mittlerweile schon traditionellen und einmal mehr restlos ausverkauften Jahresabschlusskonzerts in der Sporthalle seiner Wahlheimat Hamburg erscheinen.

Oliver Kube

www.axelbosse.de

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Ein Interview mit Bosse zu seiner Akustik-Tour und dem neuen Album „Kraniche – Live in Hamburg“, das in der Alsterdorfer Sporthalle in Hamburg am 21. Dezember 2013 aufgenommen wurde.

Axel Bosse, Ihre neueste CD und DVD heißt „Kraniche – Live in Hamburg“. Was ist das Besondere an diesem Konzertmitschnitt?

Axel Bosse: Nach fünf Studioplatten ist es für mich an der Zeit, auch mal ein Live-Album zu machen. Glücklicherweise haben wir das tolle Konzert in der Sporthalle mitgeschnitten. Das war ein speziell guter Abend mit vielen Gästen und allen Bosse-Wegbegleitern.

Valeska Steiner von Boy, Sebastian Madsen und Kim Frank, Ex-Sänger der Band Echt, sind Ihre Duett-Partner auf diesem Album. Nach welchen Kriterien verlief die Auswahl der Gäste?

Axel Bosse: Ich wollte ausschließlich mit Freunden auf der Bühne stehen. Kim Frank hat schon vor sieben Jahren Videos für mich gedreht. Mit ihm singe ich „Junimond“ von Rio. Sebastian Madsen ist ein ganz alter Freund von mir und die Mädels von Boy sowieso. Geplant war ursprünglich nur ein Live-Album, aber da wir die Show auch gefilmt haben, wird es als Bonus eine DVD im Dolby-Surround-Sound geben.

In den kommenden Wochen sieht man Sie auf zahlreichen Freiluftveranstaltungen. So manches Festivalgelände verwandelt sich mit der Zeit in ein Katastrophengebiet. Macht es eigentlich Spaß, dort zu spielen?

Axel Bosse: Ich habe schon Blitzeinschläge und so starken Regen erlebt, dass man nicht auftreten konnte. Wir hatten aber auch schon bis zu 60 Grad auf der Bühne. Aber das sind Ausnahmen. Festivals sind herrlich und verglichen mit einer eigenen Tour eher wie Urlaub.

Wann waren Sie das erste Mal auf einem Festival?

Axel Bosse: Ich hatte schon mit 13 ältere Freunde, die in Bands spielten. Als Backliner von Such A Surge habe ich mir ein paar Euro nebenbei verdient und fast alle Festivals in Deutschland, Österreich und der Schweiz besucht. Selbst gezeltet habe ich deshalb nie.

Bei Ihnen hat man nicht das Gefühl, dass Sie heute noch vor irgendetwas Angst haben.

Axel Bosse: Die Auftrittsangst und Aufregung sind mit den Jahren verschwunden. Ich bin jetzt seit 16 Jahren als Sänger auf Bühnen unterwegs und habe fast alles erlebt. Da gibt es wenig, was mich noch schocken kann.

Unter dem Motto „Leise Landung“ gehen Sie im Herbst erstmals auf eine Akustik-Tour. Erinnern Sie sich noch an Ihren allerersten stromlosen Gig?

Axel Bosse: Das muss 2005 gewesen sein. Seit Jahren habe ich Lust auf ein besonderen Programm in Konzerthallen, weit weg von laut und Rock’n’Roll-Clubs. Jetzt bald geht es endlich los. Bei der „Leise Landung“-Tour werden die Leute im Sitzen ein Programm mit vielen verschiedenen Instrumenten erleben und ich denke, dass die Abende spezieller werden, als ein herkömmliches unplugged Konzert.

Inwiefern spezieller?

Axel Bosse: Wir haben uns die größte Mühe gegeben von den üblichen Streicher- und Bläserarrangements Abstand zu nehmen. Es geht eher darum zwischen Polka, Bossa Nova und Ska einen neuen Weg für ein neues Gewand für die Lieder zu finden. Dabei kommen insgesamt 35 neue Instrumente vor. Von der Ukulele über`s Vibraphon bis zur Saz.

In welcher Besetzung werden Sie auf der Bühne stehen?

Axel Bosse: Mit meiner sechsköpfigen Band und 4 weiteren Gästen.

Wie sind Sie beim Arrangieren der Akustikfassungen vorgegangen?

Axel Bosse: Der Auftrag war, jedes Stück so andersartig darzubieten, wie es nur geht. „Schönste Zeit“ im Dreivierteltakt? Kann durchaus passieren! Nicht alles ist neu, aber es wird viele Überraschungen geben.

Sind manche akustischen Fassungen so speziell geworden, dass Sie davon selbst überrascht sind?

Axel Bosse: Wenn man mal eine Oud oder eine Bouzouki anschlägt, kommt man sehr schnell auf den Trichter, alles verändern zu wollen. Das ist sehr erfrischend. „So oder so“ haben wir zum Beispiel komplett auf links gedreht, man erkennt es im ersten Moment gar nicht wieder. Wir werden auch einige Nummern vom ersten und vom zweiten Album spielen, die wir seit Jahren nicht mehr angefasst haben. Eine Perle wie „Februarsterne“ kennen die meisten ja gar nicht. Es wäre einfach, das Live-Album noch einmal unplugged zu spielen, aber genau das will ich nicht.

Was haben Sie in letzter Zeit über sich selbst herausgefunden?

Axel Bosse: Dass ich mich immer wieder neu begeistern muss. Und dass ich super schnell gelangweilt bin, vor allem von mir selbst. Aber mit wenigen Handgriffen und neuen Ideen kann ich noch fünf Alben schreiben. Deswegen finde ich es schön, dass ich jetzt die Möglichkeit habe, zu meinen Musikern sagen zu können: „Bitte legt sofort eure Gitarren weg und schnappt euch irgendein Instrument, was ihr selber erst zweimal angefasst habt!“ Und dann spielt man trotzdem nur A-Moll und G, aber es klingt irgendwie anders. Ich muss jetzt raus in die Welt und irgendwo chinesische Flöten aufnehmen, weil es meinen musikalischen Horizont erweitert.

Bedeutet solch ein Projekt auch, die eigenen Lieder neu zu betrachten und das Ursprüngliche neu zu durchleuchten?

Axel Bosse: Ja, und ich habe dabei gemerkt, dass ich schon damals eine Existenzberechtigung als Musiker hatte. Sachen, die ich mit 24 gesagt habe, würde ich heute natürlich anders sagen. Auf der Suche nach mir selbst habe ich schon ein paar komische Sachen verzapft, aber eine Nummer, die in mir immer noch ein Gefühl auslöst, hat das Recht, aufgeführt zu werden.

Bei einem Akustikkonzert steht man mit seiner Stimme fast nackt da, weil man sich nicht mehr hinter der lauten Musik verstecken kann. Was bedeutet das für Sie als Sänger?

Axel Bosse: Eigentlich gibt es nichts, vor dem man sich verstecken müsste. Ich glaube, bei einem Akustikkonzert kommt man zum Kern der Angelegenheit und es offenbart sich, warum ein Lied überhaupt entstanden ist. Das kann berühren und ist dicht dran an dem, wie ich arbeite und wie ich Musik sehe.

Die Akustik-Tour führt Sie neben herkömmlichen Rock’n’Roll-Clubs auch in Theater und Varietés. Haben Sie sich für diese Räume eine besondere Inszenierung überlegt?

Axel Bosse: Ich war in letzter Zeit oft im Theater und habe mir in London richtig tolle Musicals angeguckt. Wir werden bei unserer Tour mit „schlauem“ Licht und einem richtigen Bühnenbild arbeiten. Ein sitzender Zuschauer kann sich besser aufs Geschehen konzentrieren. Ich glaube, mein Publikum legt großen Wert auf die Worte. Insofern ist das Texterlebnis bei so einem Abend immens wichtig.

Nehmen Sie als Künstler eigentlich Einfluss auf die Ticketpreise?

Axel Bosse: Sicherlich. Bei der „Leise Landung“-Tour habe ich gesagt: „Bitte nicht noch teurer!“ Ich war schon immer ein „günstiger“ Künstler, grad bei meinen größeren Konzerten. Andere, die in denselben Hallen spielen, verlangen 15 bis 25 Euro mehr. Beim Admiralspalast in Berlin ist aber allein die Hallenmiete schon so hoch, dass wir die besten Plätze einfach teuer machen müssen, wenn wir nicht draufzahlen wollen. Aber auch das würde ich in Kauf nehmen.

Interview: Olaf Neumann, Juli 2014

Termine
30.08.2014 Berlin – Admiralspalast – Ausverkauft!
31.08.2014 Berlin – Admiralspalast – verlegt auf den 15.12.2014
01.09.2014 Hamburg – Laeiszhalle – Ausverkauft!
02.09.2014 Hamburg – Laeiszhalle – Ausverkauft!
12.11.2014 Dresden – Alter Schlachthof
13.11.2014 Halle (Saale) – Steintor Variete
15.11.2014 Kaiserslautern – Kammgarn
16.11.2014 Stuttgart – Theaterhaus
18.11.2014 Köln – E-Werk
19.11.2014 Essen – Lichtburg
20.11.2014 Lingen – Emslandarena
06.12.2014 München – Alte Kongresshalle – Ausverkauft!
07.12.2014 Frankfurt a. M. – Batschkapp
08.12.2014 Hannover – Theater am Aegi – Ausverkauft!
10.12.2014 Schwerin – Capitol
11.12.2014 Flensburg – Deutsches Haus
13.12.2014 Bremen – Pier2 – Ausverkauft!

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