Der Mythos um Spartas Elitekrieger inspiriert seit Generationen rechte Ideologen
Bastian Tebarth
Der Film »300« von Zack Snyder aus dem Jahr 2006 dürfte in der jüngeren Vergangenheit das prominenteste Beispiel für die effiziente Nutzung von Popkultur durch Rechte für ihre Rekrutierungsarbeit sein. Mit ihrer Gewaltästhetik und ihrem mit Pathos aufgeladenen David-gegen-Goliath-Narrativ liefert die Comicverfilmung passgenaues Material, um junge Menschen für Elitenkult und faschistische Ideologie zu begeistern. Nachhaltiger als die im grellen Graphic-Novel-Stil überzeichneten Bilder wirkt aber der Mythos, auf dem die Filmgeschichte basiert. Die konservative wissenschaftliche wie rechtspopulistische Rezeption der Schlacht bei den Thermopylen, in der sich König Leonidas 480 v. Chr. mit seinen 300 Spartiaten in einem aussichtslosen Kampf dem persischen Heer entgegenwarf, liefert seit gut 150 Jahren Stoff zur Mythologisierung soldatischer Tugenden.
Bereits im militaristischen Deutschen Reich erlebte die antike Schlacht Ende des 19. Jahrhunderts durch die Altertumswissenschaft eine Renaissance als historisches Vorbild für Heldenmut: Ohne Leonidas’ Opfergang wäre Sparta als dominierende hellenische Kriegsmacht »untergegangen« und damit, so die in konservativen Kreisen populäre Rhetorik, das Abendland vom Morgenland »überrannt« worden. Mit dieser protofaschistischen Deutung ging auch eine Rückorientierung am Ehrenkanon aristokratischer Eliten einher, und an den preußischen Kadettenschulen galt das spartanische Erziehungsideal als Vorbild für den dort eingeübten Kadavergehorsam. …
Der komplette Beitrag erscheint in der Melodie & Rhythmus 2/2020, erhältlich ab dem 26. Juni 2020 am Kiosk, im Bahnhofsbuchhandel oder im Abonnement. Die Ausgabe können Sie auch im M&R-Shop bestellen.