Selig führen »Magma« auf und widerlegen das nörgelnde Feuilleton. Ein textsicheres Publikum in der Berliner Columbiahalle bedankt sich lautstark
Text: Gerd Schumann, Fotos: Santiago Flores
Seligs Konter fiel heftig aus. Erst mal etwas Ruhiges vom Band, Nick Cave Barmusikkonserve oder sowas. Dann: Magma-Spots an, ein trockenes Riff durchschneidet jenen kurzen Moment der Stille, die direkt vor Konzertbeginn den Pulsschlag ansteigen lässt. Bass und Schlagzeug hämmern los, Schreie aus dem Publikum, Keyboard- Teppich ausgerollt, der Sänger singt Surrealistisches, Plattitüden, tausendmal gehört bis zum Erbrechen, harmlos wirkend, weil säuselig wie in ein Ohr rein, zum anderen raus. Und doch bittersüß. Von Jan Plewka vorgetragen, dass sie ins Zynische changieren. »Ich hab wie du ein reines Gewissen, ich hab wie du keine Schuld daran.« Die ganzen Versprechungen, Wir-sitzen- alle-in-einem-Boot-Beschwörungen und Gürtel-engerschnallen-Appelle der Banker und Finanzminister werden im Zitat zum blanken Hohn. Selig unterwegs in der Wirklichkeit.
Die Band spielt – und schlägt zurück, auch wenn sie sicherlich keinen Gedanken an eine Revanche oder sowas umgetrieben hat, als sie sich mit ihrem neuen, dem dritten Album nach der Reunion 2008, auf Tour begab. Und doch: »Magma«, so dessen Titel, war bei der Kritik auf ein, gelinde gesagt, widersprüchliches Echo gestoßen. Und während Melodie&Rhythmus in recht hohen Tönen ob der formidablen Dichte des Werks schwelgte, wurde es von manch anderem Medium eher achtlos ins Mittelmaß abgeschoben. Die konservative Frankfurter Allgemeine, die sonst wenig bis gar nichts mit Rebellischem zu tun hat, vermisste gar »die Gierschlundhaftigkeit, das Leben im prallgestopften Moment«: Diese seien »die älteste Sehnsucht des Rock«, erklärte der Autor, und schwärmte von jenen Zeiten der Bandgeschichte, in denen man »nur jedes dritte Wort verstand«.
Tatsächlich kamen die poetischen, von melancholischer Sehnsucht und starkem Verlangen gespeisten Texte von Plewka in einer bemerkenswerten Klarheit rüber, die nicht nur Die Toten Hosen vor Neid hätte erblassen lassen.
Den kompletten Artikel lesen Sie in der Melodie&Rhythmus 3/2013, erhältlich ab dem 26. April 2013 am Kiosk, im Bahnhofsbuchhandel oder im Abonnement. Die Ausgabe können Sie auch im M&R-Shop bestellen.