Melodie & Rhythmus

Analyse: Narzistische Selbstbefeierung

28.10.2014 14:14

Rihanna
Foto: Lucy Nicholson

Rihanna
»Diamonds«

Nicht von ungefähr gedieh der Diamant, begehrter und funkelnd glänzender Schmuckstein, zum beliebten Motiv in der Folklore und zur viel verwendeten Metapher in Dichtung und Lyrik. Von selbst versteht sich, dass die Popkultur, großer Abstauber von Folklore und hoher Kultur, sich dieses Motivs mit besonderer Verve bemächtigte. Gerade das Exquisite, mithin Noble dieses aus der Natur gewonnenen Edelprodukts bildete dabei die Hauptanziehung, vergleichbar mit den Reichtümern des Schlaraffenlands, die in früheren Zeiten die Tagträume der in Elend und Not lebenden Menschen bevölkerten. So ist denn auch eine der erfolgreichsten Popsängerinnen der Gegenwart bei Diamanten gelandet: Rihanna mit ihrem Megahit »Diamonds«.

Natürlich kann sie dabei auf eine stolze Pop-Tradition zurückblicken. Während aber Marilyn Monroe noch ihr »Diamonds Are a Girl‘s Best Friend« lasziv hinhauchte, mithin die materialisierte Geschlechterbeziehung augenzwinkernd ironisierte; während Shirley Bassey später stimmgewaltig »Diamonds Are Forever« postulierte, um den kompensierenden Tauschwert der Unzuverlässigkeit von Liebe zu apostrophieren; während die Beatles Diamanten in ihren psychedelisch-surrealen Song »Lucy in the Sky with Diamonds« einbauten, um einer realitätsüberwindenden LSD-Kultur zu frönen (was sie selbst freilich in diesem Zusammenhang bestritten); und während selbst ein liebestoller Herbert Grönemeyer die Diamant-Metapher verwendet, um seine erotische Leidenschaft kundzutun (wenn auch in einem unbeholfenen Pathos) – hat man bei der repetierten Schlagzeile von Rihannas Hit das Gefühl, dass »Shine bright like a diamond« einzig entstanden ist, um der Sängerin eine rhythmische Stakkato- Parole zu ermöglichen.

MosheZuckermann Analyse: Effektiv vermarketer EklatMoshe Zuckermann ist Kunsttheoretiker und lehrt an der Universität Tel Aviv (u. a. Kritische Theorie). Er hat diverse Bücher und Aufsätze über Kunstautonomie und zur Kulturindustriethese von Theodor W. Adorno veröffentlicht. Darunter »Kunst und Publikum. Das Kunstwerk im Zeitalter seiner gesellschaftlichen Hintergehbarkeit«. In den 1970er-Jahren war er als Komponist und Arrangeur tätig.

Die komplette Analyse lesen Sie in der M&R 6/2014, erhältlich ab dem 31. Oktober 2014 am Kiosk, im Bahnhofsbuchhandel oder im Abonnement. Die Ausgabe können Sie auch im M&R-Shop bestellen.

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