Cro stellt die Regeln der Musikindustrie auf den Kopf
Text: Georg Rackow, Foto: Delia Baum
Da wird ein Song mit Gold ausgezeichnet, obwohl er wochenlang zum freien Download zur Verfügung stand. Das dazugehörige Download-Mixtape erzeugte innerhalb von sechs Monaten einen unvergleichlichen Hype: 17 Millionen Youtube-Klicks, 770.000 Facebook-Fans und eine ausverkaufte Tour durch Deutschland. Der Urheber des Hypes heißt Cro, ein schlaksiger Skateboarder Anfang 20, der das Leben locker nimmt. Im Haus seiner Eltern chillt er gerne im Keller, wo er sich ein kleines Studio eingerichtet hat. Von dort aus schaffte er es wie nebenbei ins Radio und ins Fernsehen, und im Sommer geht es auf die ganz großen Festival-Bühnen mit bis zu 70.000 Zuschauern.
Alle reißen sich um den Rapper mit der Pandamaske, die keinesfalls ein hässliches Gesicht verbirgt. Cro ist eher der Typ H&M-Model, der Langeweile doof findet und gerne viel Spaß hat. Ansonsten kümmert ihn nicht viel. Nur die Summen, die ihm von den Majorlabels geboten wurden, waren ihm unheimlich: »Jeder bot immer mehr und legte noch was drauf, je öfter wir ›Nein‹ gesagt haben. Bis es echt zu viel wurde. Da kamen wir dann irgendwann an einen Punkt, an dem ich gesagt habe: ›Ciao, wir machen alles selber, es funktioniert auch so.‹«
Und wie es funktioniert. Im Juli veröffentlicht das kleine Label Chimperator Cros erstes Album »RAOP«. Der Titel steht für eine Mischung aus Rap und Pop, die »auch Mama und Oma gefällt«. Das ist dem jungen Rapper wichtig. Dabei ist es vor allem die Leichtigkeit der Themen, die seine Hörer anspricht: Spaß, Sommer, Freunde, eine gute Zeit haben. Diese Unbekümmertheit ist Cros Erfolgsrezept. Er will einfach nicht über den Ernst des Lebens nachdenken.
Doch im Interview wird deutlich, dass auch eine ordentliche Portion Zwangsoptimismus dahintersteckt. »Rock am Ring« rocken? »Ich habe auf jeden Fall Respekt, aber das wird schon.« Immer den Gute-Laune-Knopf drücken? »Ja, schwierig, aber wird schon.« Für Geschäftspartner verlässlich sein? »E-Mails lesen? Boah … aber es wird schon.« Wenn man etwas genauer nachfragt, stößt man außerdem auf eine leise jugendliche Resignation: »Meine Musik soll den Hörer vom Alltag wegreißen. Man kann sich über alles den Kopf zerbrechen, man kann überlegen und machen und sich für etwas einsetzen, und am Ende läuft doch eh alles so, wie es schon immer lief. Mach dein Ding jetzt, morgen könnte schon alles vorbei sein.« Seine Generation versteht die Aufforderung. Sie macht ihr Ding. Und das macht Spaß.
Cro Raop
Chimperator/Groove Attack, VÖ: 06.07.2012
www.cromusik.info
»Ich mache Sommermucke, die im Winter nix zu suchen hat«, sagt Cro. Recht hat er. Luftig-leichte Pop-Produktionen bestimmen das Album, kombiniert mit stilsicherem, unangestrengtem Rap und jeder Menge Sorglosigkeit. Die Qualität des Albums liegt in der Stimmigkeit auf gesamter Länge, und wirklich jeder Song könnte die nächste Single sein. Strandmusik, Partymusik, Automusik. Stimmt alles. Nur Nachdenkmusik ist es keine geworden. Sollte es aber auch nicht.
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