Magisch: Eine Begegnung mit Yusa vor Beginn ihrer ausserordentlichen Karriere in Lateinamerika
Gerd Schumann
Magische Momente lassen sich nicht inszenieren, sie geschehen einfach und unvermutet. Klar hätte ich erahnen können, dass etwas Besonderes bevorstand, damals vor 20 Jahren, schon wegen der Kulisse. Sonnendurchflutete Wohnung im elften Stock, unter uns Havannas Uferstraße Malecón, dahinter die Weiten des Atlantiks. Und Yusa, schulterlange Rastalocken, dunkle Haut, braune Augen, nimmt ihre Tres, rutscht auf dem Sofa nach vorn, ganz vorn, und beginnt ihr Exklusivkonzert für mich und mein Mikrofon.
Vier Lieder der kubanischen Klassik – virtuos mit rechts die drei Doppelsaiten zupfend, das Handgelenk mit einem Tuch umwickelt, ihr gitarrenähnliches In strument akustisch in eine Harfe verwandelnd. Doch verrät die Kassettenaufnahme von 1996 mehr als zunächst vernommen: Ein Singvogel mischt sich in die ansonsten von perfekter Stille begleiteten Zauberklänge. Sonderbar.
Vor dem Riviera
Sonderbar auch wegen des Lebens draußen, vor dem Fünfsternehotel Riviera gegenüber, dort, wo sich ein von Mangel und von nicht auf den ersten Blick erkennbarem Elend des Verfalls geprägter Alltag austobt, in den der »Socialismo tropical« hineingerutscht ist, nach der Pleite zu Beginn der 1990er. Ade, osteuropäischer Sozialismus, der du Kuba als Partner in der Karibik geschätzt und ihn dann den nordamerikanischen Wölfen zum Fraß serviert hast! Jedenfalls gab kaum noch jemand einen Peso auf Kubas Revolu tion. Die Prophetie des Untergangs feierte jahrelang eine durchaus fiese Hochkonjunktur mit Wetten auf das Verfallsdatum, derweil sich die »jineteras« – »Reiterinnen«, wie die Prostituierten vor dem Riviera genannt wurden – die Füße in High Heels wundscheuerten, wartend auf zwar fettleibige, doch mit »dólares« ausgestattete Fremde.
Den kompletten Artikel lesen Sie in der Melodie und Rhythmus 4/2016, erhältlich ab dem 1. Juli 2016 am Kiosk, im Bahnhofsbuchhandel oder im Abonnement. Die Ausgabe können Sie auch im M&R-Shop bestellen.