In Deutschland wird eine »rechtsintellektuelle Wende« beschworen. Ihr Vorschein und Elemente einer Programmatik fanden sich bereits in Botho Strauß’ 1993 veröffentlichtem »anschwellenden Bocksgesang«. Heute normalisiert sich die Rechtsentwicklung in allen möglichen Strömungen (ob als konservativ, neu-rechts, neonazistisch, neokonservativ oder prowestlich faschistisch), hat längst ihren festen Ankerplatz in der »bürgerlichen Mitte« erobert und findet auch großen Niederschlag in der Kulturindustrie-Produktion. Was durch Sloterdijk, Tellkamp & Co, in Vulgärform durch Sarrazin und Broder, zunehmend Raum in den Feuilletons greift im Unterhaltungssegment als »Volks-Rock’n’Roll«, »Nuhr mal so« als »Kabarett« gegen »den Islam«, die Friedens-, Mieten- und Klimabewegung daherkommt, wird immer seltener als sozialdarwinistische Propaganda, antiaufklärerisch und menschenfeindlich erkannt − und als Problem ausschließlich der Pegida-»Pöbel« ausgemacht. Der Mainstream der linken Kulturszene reagiert bewusstlos, gibt sich der falschen Hoffnung auf Popularisierung durch »Antifa«-Branding oder anderem (Markt-)Konformismus hin und damit die antifaschistische Kunsttradition von Eisler und Brecht auf. Obwohl (und manchmal auch gerade weil!) diese einen unverstellten Blick auf die Wesensverwandtschaft von Kapitalismus mit rechten Gesellschaftsmodellen ermöglicht – und auf eine völlig verrohte ökonomische Elite, die längst die Abenddämmerung der bürgerlichen Demokratie hat anbrechen lassen. Was tun gegen die wachsende »geistige Obdachlosigkeit« der Intellektuellen, wie sie Siegfried Kracauer schon einmal Anfang der 1930er-Jahre festgestellt hatte? Was ist nötig, um aus der Defensive serviler Anpassung und Resignation in eine antikapitalistische Kulturoffensive zu kommen, die nicht trügerische, sondern prometheische Träume entfalten kann?
Es diskutieren:
Konstantin Wecker (Liedermacher)
Gisela Steineckert (Schriftstellerin)
Rolf Becker (Schauspieler)
Volker Lösch (Regisseur)
Moderation: Arnold Schölzel (Chefredakteur RotFuchs)