Wie alles anfing: Der Oktoberklub könnte im nächsten Jahr sein 50-jähriges Jubiläum feiern – wenn es ihn noch gäbe. Ein Gespräch mit Lutz Kirchenwitz
Lutz Kirchenwitz, 69 Jahre, promovierter Kulturwissenschaftler, war Klubratsvorsitzender des Oktoberklubs (1966-1978) und viele Jahre in der Leitung des Festivals des politischen Liedes (ab 1970). 1993 erschien von ihm »Folk, Chanson und Liedermacher in der DDR«, ein Standardwerk zur DDR-Liedermacherszene. Heute ist Kirchenwitz Vorsitzender des Vereins Lied und soziale Bewegungen, der seit Februar 2000 alljährlich mit dem Festival Musik und Politik der Liedermacherszene und politischen Musikern anderer Couleur ein Podium bietet.
Der 50. Jahrestag des Oktoberklubs und des Beginns der Singebewegung stehen bevor. »Hootenanny« hieß das in Nordamerika. Der Kanadier Perry Friedman brachte diese Form des Singens in offener Runde 1959 mit in die DDR.
Perry fing 1960 an, unter dem Namen »Hootenanny« Veranstaltungen zu machen. Ich habe ihn 1963 zum ersten Mal gehört. Er hat gelegentlich mit professionellen Sängern – Lin Jaldati, Hermann Hähnel, Gisela May waren dabei – zusammengearbeitet und versucht, solche gemeinschaftlichen Veranstaltungen zu machen. 1963/64 kamen dann die Lyrik- und die Beat-Welle. Folksong und Chanson boomten international. 1965 startete der Jugendsender DT64 die Veranstaltungsreihe »Treff mit Perry«. Da entstand der Gedanke, daraus machen wir einen Klub. Die FDJ Berlin stieß dazu. Im Februar 1966 begannen wir mit dem Hootenanny-Klub.
Das war kurz nach der Auflösung zahlloser Beat-Gruppen und dem 11. Plenum des SED-Zentralkomitees, das mit seinen rigorosen Verboten vor allem im Film- und Literaturbereich dauerhaft einschneidende Folgen für die Kulturentwicklung hatte …?
Das ahnten wir noch nicht, als der Plan entstand. Dann kam eben der Hammer 11. Plenum. Das war schlecht für das ganze Klima. Hootenanny traf es aber erstmal nicht. Es wurde sogar verstärkt gefördert. Mehrere Langspielplatten mit Perry Friedman und anderen Sängern erschienen zum Beispiel.
Die später geächtete Bettina Wegner sagt über Hootenanny: »Das Prinzip war, dass jeder auf die Bühne kommen konnte – eine tolle Zeit!« Wie hielt sich trotz der Regression in anderen Bereichen diese Zwanglosigkeit auf der Bühne?
Der Hootenanny-Klub war etwas Neues. Dauernd kamen andere Leute und traten auf. Das fluktuierte. Einzelne Leute taten sich zusammen zu kleinen Gruppen, sangen was von Bob Dylan, Joan Baez oder Esther und Abi Ofarim – so entwickelte sich das. …
Festival Musik und Politik
26.-28.2.2016
www.songklub.de
Den kompletten Artikel lesen Sie in der Melodie und Rhythmus 5/2015, erhältlich ab dem 28. August 2015 am Kiosk, im Bahnhofsbuchhandel oder im Abonnement. Die Ausgabe können Sie auch im M&R-Shop bestellen.