
Gundermann und Seilschaft, Tränenpalast
Foto: Thomas Neumann
Erinnerungen für die Zukunft (1): Metropol, Tränenpalast, Alexanderplatz, Neu-Helgoland, Mont Klamott: Beobachtungen aus Ostberlin, ehemals Hauptstadt der DDR
Gloria Fernandez
»Mont Klamott – auf’m Dach von Berlin / Mont Klamott – sind die Wiesen so grün.« Die Stimme von Tamara Danz, das Café Schoenbrunn am Fuß des Trümmerbergs, von dem der alte Silly-Song erzählt. Und die Sängerin schwärmt der alten Dame auf der Bank im Volkspark Friedrichshain vor, die »Väter dieser Stadt« hätten für »frische Luft« und diese grüne Oase inmitten des Großstadtrummels gesorgt. Danz singt wütend, kreischend, ein für alle Mal klarstellend deren Antwort: »Die alte Dame lächelt matt / Lass sie ruhn, die Väter dieser Stadt / Die sind so tot seit Deutschlands Himmelfahrt / Die Mütter dieser Stadt hab’n den Berg zusamm‘ gekarrt.«
Dieser Song zum Beispiel, sagt Tobias Thiele, werde die Zeiten überdauern. Tamaras Interpretation, der geniale Text von Werner Karma – die Geschichte der Trümmerfrauen an der zerbombten Frankfurter Allee, die den Schutt wegräumten, den es nicht gegeben hätte, wären ihre Männer zuhaus geblieben. Thiele studiert Musikwissenschaft, schreibt selber Lieder und trägt sie vor zur Gitarre. »Als die Mauer fiel, war ich gerade einmal drei Jahre alt, und heute, 26 Jahre danach, begegnen mir immer wieder Lieder von damals.« Die seien von »eindringlicher Poesie, die Geschichte verarbeitend, Orte und Begebenheiten beschreibend«.
Der Admiralspalast, Berlin-Friedrichsstraße: Im Herbst 1974 hieß er noch »Metropol«. Die Eintrittskarten für Renft waren begehrt. Die Combo hatte mit ihrem zweiten Album (»Renft«) so etwas wie Rockgeschichte geschrieben – zumindest, was die DDR anbelangt. Nun stand eine kulturpolitische Wende bevor. Diese würde mit Renft zugleich die gesamte Rockszene des kleinen Landes östlich der Elbe treffen. Doch davon ahnte kaum jemand etwas an jenem Abend. Die fünf Musiker um den Uralt-Beat- Bassisten Klaus Jentzsch (Renft) stiegen auf die Bühne: Peter »Cäsar« Gläser (g, voc), Christian Kunert (kb), Jochen Hohl (dr), Peter Kschentz (g) und Thomas Schoppe (voc). Den Sänger nannten sie »Monster« nach dem seinerzeit visionären Steppenwolf-Song über die US Police Force, die die Leute beobachtet.
Westvorbilder waren gang und gäbe in der DDR. Gisbert »Pitti« Piatkowski, heute Sologitarrist bei Mitch Ryder und der Renft-Neuauflage, früher bei den Klosterbrüdern und NO 55, meint, sie seien von den nordamerikanischen und britischen Bands mehr als »extrem inspiriert« worden: »Ich wuchs im Magdeburger Raum auf, und wir hatten glücklicherweise einen guten Westempfang von TV und Radio.« Was nun allerdings Monsters Stimme betraf: Mannomann … – es gab keine vergleichbare aus dem Westen, damals nicht und heute nicht. »Die Schlacht wird viel, viel länger sein«, brüllte Schoppe ins Mikrophon, ein Besessener. Der Titel stammte, wie die meisten, vom vielbeschäftigten Poeten und Liedermacher Kurt Demmler (1943-2009).
Den kompletten Artikel lesen Sie in der Melodie und Rhythmus 5/2015, erhältlich ab dem 28. August 2015 am Kiosk, im Bahnhofsbuchhandel oder im Abonnement. Die Ausgabe können Sie auch im M&R-Shop bestellen.
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