Die St. Petersburger Institution für Improvisationsmusik blutet aus
Das Sound-Museum Musey Zvuka in St. Petersburg war bislang erste Adresse für die lokale Improvisationsmusik-Szene. Seit 1999 bietet die als Galerie GEZ-21 gegründete Institution musikalischen Grenzgängern eine Bühne. »Es gab hier damals viele Aktive im Bereich der experimentellen und freien Musik, jedoch fehlte es an Zusammenarbeit«, berichtet der künstlerische Leiter Boris Scherschenkow. »GEZ-21 sollte ein Ort der Vernetzung sein und war für einige Jahre auch der einzige Raum, an dem in St. Petersburg Konzerte mit dieser Musik stattfinden konnten.« Doch nicht nur das: Das nun in Sound-Museum umgetaufte Haus beherbergt eine interaktive Dauerausstellung, dokumentiert Erfindungen russischer Musiker und archiviert Aufnahmen zahlreicher Performances.
Seit diesem Sommer aber ist die Zukunft ungewiss. Das Museum musste bis auf Weiteres fast alle laufenden Projekte einstellen: »Aufgrund fehlenden Sponsorings und fehlender Möglichkeiten zur Förderung künstlerischer Einrichtungen abseits vom konventionellen Kunstbetrieb ist das Sound-Museum auf das Engagement Einzelner angewiesen. Der Enthusiasmus bei den meisten Beteiligten sinkt aber zunehmend«, konstatiert Scherschenkow. Nicht, dass es genug Ausweichmöglichkeiten für unkonventionelle Musik in der Stadt gebe – vielmehr lassen ästhetische Ausdifferenzierung und Abspaltung innerhalb der Szene den Zusammenhalt bröckeln. Für sie bleibt zu hoffen, dass diese einzigartige Institution die Krise unbeschadet übersteht.
André Kalnassy & Katharina Gerhardt
Link: soundmuseumspb.ru
Der Beitrag erscheint in der Melodie & Rhythmus 4/2017, erhältlich ab dem 29. September 2017 am Kiosk, im Bahnhofsbuchhandel oder im Abonnement. Die Ausgabe können Sie auch im M&R-Shop bestellen.