Schicken Sie uns Ihre Meinung, Anregungen und Kritik: an redaktion@melodieundrhythmus.com
oder Verlag 8. Mai GmbH, M&R, Torstraße 6, 10119 Berlin
Anzeigen br>Werte Redaktion,
der von Dietmar Koschmieder unterzeichnete Aufruf »Gewerkschaftliche Orientierung« in Ausgabe M&R 3/16 (S. 19) veranlasst mich zu den folgenden Zeilen:
Für klassenbewusste Werktätige ist es in der Regel selbstverständlich, in einer Gewerkschaft zu sein, gemäß der Erkenntnis, nur gemeinsam durchsetzungsfähig zu sein gegenüber den Unternehmern. So weit ist der Aufruf von Dietmar Koschmieder zum Eintritt in die Gewerkschaften zu unterstützen. Jedoch muss klar sein: Ein solcher Eintritt in die Gewerkschaft verweist erst einmal – wie auch die im Aufruf genannten Ziele (»bessere Löhne und Gehälter, mehr Demokratie und Mitbestimmungsrechte «) – auf trade-union istisches Bewusstsein, wenn nicht gleichzeitig das Ziel verfolgt wird, der Lohnarbeit den Garaus machen zu wollen. Solange dieses Ziel nicht erreicht ist, bleiben Arbeiter und Angestellte in der »marktkonformen Demokratie« (Angela Merkel) immer nur das Mittel zu dem Zweck, aus Geld mehr Geld (G – G‘) zu machen. Solange gewerkschaftlicher Kampf – und so sieht es ja auf weiter Flur auch aus – sich lediglich auf Sozialpartnerschaft und Standortlogik bezieht (nach der Pferdeäpfel-Theorie: Für die Arbeiter wird schon was abfallen, wenn die Geschäfte der Industrie bzw. Deutschlands gut laufen, deshalb schon mal Lohnverzicht und unbezahlte Mehrarbeit akzeptieren) und von einem Kampf gegen das Lohnsystem nicht die Rede ist, hat der Arbeitsmann resp. die Arbeitsfrau weiterhin nur den Schaden.
An diese Art des gewerkschaftlichen »Kampfes« knüpft aber genau die aus den 70er-Jahren herangeholte Parole von der »gewerkschaftlichen Orientierung« an. Mit einem Schlenker – so wurde es damals auch praktiziert – »trotz aller Kritik an ihnen« (den Gewerkschaften), ohne einen einzigen Kritikpunkt zu benennen, soll es eine Wiederauflage der damaligen trade-unionistischen Politik geben. Dass diese nicht zur Abschaffung des Lohnsystems führen kann, habe ich oben aufgezeigt.
Mit solidarischem Gruß
Hans-Peter Jacobitz, NeussLeserbrief in stark gekürzter und bearbeiteter Fassung