
Foto: AP / dpa / Ted S. Warren
Ein Kommentar von Valesca Simrock zu Richard Bransons »Live Aid«-Spektakel gegen die Regierung von Venezuela
»Wenn wir Leute in den Weltraum bringen können, warum ist es so schwer, Leute aus der Armut zu holen?« Keine schlechte Frage, die der Mann da am 22. Februar an der kolumbianisch-venezolanischen Grenze an sein Publikum richtete. Einen kurzen Moment lang durchzuckte das Hirn von Virgin-Group-Gründer Richard Branson womöglich so etwas wie ein Geistesblitz. Doch anstatt eine vernünftige Antwort zu geben, richtete der Milliardär am Ende seiner Rede beim »Venezuela Live Aid« einen Appell an die Welt: »Lasst uns zusammenkommen und Veränderung herbeiführen – jetzt!«
Dass nun auch Privatunternehmer offiziell als Manager der US-Regime-Change-Politik agieren, mag Zyniker nicht mehr erschüttern. Doch wenn die Öffentlichkeit der westlichen Welt hinnimmt, dass die Politik gemäß der Logik ultraneoliberaler Ideologie ausschließlich als Erfüllungsgehilfe der ökonomischen Eliten betrachtet wird, dann sollten die Alarmglocken läuten. Besonders wenn angebliche Philanthropen wie Branson und seine Kumpane aus dem Silicon Valley ihre skrupellose Geschäftemacherei als Geschenk an die Menschheit vermarkten. Schließlich soll den Passagieren, die sich bald mit Bransons Raumfahrtfirma Virgin Galactic für schlappe 250.000 Dollar pro Nase in den Orbit schießen lassen, in nicht allzu ferner Zukunft die gesamte Gattung Mensch folgen, um Mars & Co. zu besiedeln und so deren Fortbestand zu sichern. Denn – das wissen diese Hasardeure natürlich alle – die Erde wird an ihrer Profitmacherei zugrunde gehen. Dass ihr aber durch Regulierung der Märkte, eine gerechtere Steuerpolitik, womöglich Verstaatlichungen Grenzen gesetzt werden, wollen sie freilich mit allen Mitteln verhindern. Bei seiner Ansprache zum »Live Aid«-Konzert nutzte Branson dann auch die Gelegenheit, indirekt den Sozialismus für die ökonomische Misere in Venezuela verantwortlich zu machen. Dass die USA dort seit zwei Jahrzehnten auf einen Regime Change hinwirken und vor allem die von ihnen verhängten Wirtschaftssanktionen das Land niedergerungen haben, davon schwieg er natürlich. Das ist keine Ignoranz mehr – das ist Lügenpropaganda in Reinkultur.
Der Beitrag erscheint in der Melodie & Rhythmus 2/2019, erhältlich ab dem 22. März 2019 am Kiosk, im Bahnhofsbuchhandel oder im Abonnement. Die Ausgabe können Sie auch im M&R-Shop bestellen.
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