
Foto: Picture Alliance / Mary Evans Picture Library
Kapitalistische und sozialistische Spekulationen über ökologische Sorgen
Dietmar Dath
Das Umweltproblem begleitet mein gesamtes bewusstes Leben. Ich erfuhr davon als BRD-Kind in den 1970er-Jahren, teils im Schulunterricht, teils aus eigener Anschauung (der Kanal in der Nähe der Wohnsiedlung war fürchterlich), teils aus den Gesprächen der Erwachsenen und teils aus dem Kinderfernsehen, etwa bei den lustigen »Wombels«. Für die pelzigen Puppenkreuzungen aus Igel, Hamster und Menschenwichtel ging es schon im Titellied ihrer Sendung ums Ganze: »Umwelt fängt an vor der eigenen Tür/ Wombels sind Wesen, die tun was dafür.«
Was das »Umweltproblem«, von dem die Erwachsenen allgemein redeten, genau war, wurde mir nicht allzu schnell klar. Westliche Nachrichten, Unterhaltungskünste und Meinungsprodukte ließen mindestens zwei Deutungen dieser Formel miteinander verschwimmen. Erstens: Die Umwelt hat ein Problem, nämlich uns Menschen und unsere Industrie. Zweitens: Wir Menschen haben ein Problem, nämlich unsere Industrie und die von ihr zerstörte Umwelt. Diese Unschärfe zwischen einerseits Absage an den Humanismus (»die bösen Menschen!«) und andererseits fatalistischer Verzweiflung (»die böse Welt!«) ist typisch für imperialistische Öffentlichkeiten; sie drängt Lenins Frage »Wer wen?« aus der Diskussion, und genau das soll sie auch.
Klar war immerhin, dass Autos Kröten überfuhren, weil deren Wanderwege da verliefen, wo man Straßen gebaut hatte, und dass Fische tot im Fluss trieben, weil Fabriken Dreck ins Wasser pumpten. Die Zukunft schien absehbar: kahle, schwarze Bäume in toten Wäldern, überall Beton und Glas statt frischer Luft und Gras, Abgase im Atem und im schlimmsten Fall der nukleare Weltbrand, denn die rasanteste Form der Umweltzerstörung hieß Krieg.
Bis die Welt untergeht, muss man warten und sich die Zeit vertreiben. Warum nicht mit Kultur, Kunst, Literatur?
…
Der komplette Beitrag erscheint in der Melodie & Rhythmus 1/2020, erhältlich ab dem 13. Dezember 2019 am Kiosk, im Bahnhofsbuchhandel oder im Abonnement. Die Ausgabe können Sie auch im M&R-Shop bestellen.
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