Der Kulturpolitische Horizont der FPÖ reicht nicht über Kürzungen und Ressentiments hinaus
Die österreichische Bundespräsidentenwahl nahm ein glimpfliches Ende: Der in erster Linie von den Grünen unterstützte Alexander Van der Bellen konnte den deutsch-nationalen Burschenschafter Norbert Hofer von der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ) besiegen. Im längsten Wahlkampf der österreichischen Geschichte wurde auch ein früherer Dauerbrenner des FPÖ-Feindbildrepertoires aus der Rumpelkammer geholt – der Kampf gegen eine »linke Kulturschickeria«, die sich als Teil eines »Establishments« für Van der Bellen engagierte. Mutmaßlich nur, um ihre eigenen Pfründe, sprich Subventionen, geschützt zu wissen. Und das alles zu Lasten jenes »kleinen Mannes«, dessen Alleinvertretungsanspruch die FPÖ für sich reklamiert.
Deren Larmoyanz hat ihren Grund. Schon viele Jahre nicht mehr hatten sich so viele österreichische Kulturschaffende in einem Wahlkampf zu Wort gemeldet. Schauspieler und Musiker der alten Garde, wie Rainhard Fendrich oder Hubert von Goisern, und – deutlich weniger – junge, wie etwa Conchita Wurst, hatten Van der Bellen unterstützt und vor Rassismus gewarnt. Die Blauen tobten. Insbesondere das Engagement Fendrichs, dessen patriotisches Liedgut à la »I Am from Austria« auch von der FPÖ genutzt wurde, schmerzte.
In ihrem Parteiprogramm ist die Kultur der FPÖ nur wenige schwammige Sätze wert: »Unsere abendländische Kultur ist reichhaltig und vielfältig. Sie verbindet die europäischen Kulturnationen«, heißt es da. Und folgerichtig gilt es, »die freie Weiterentwicklung unserer eigenen Kultur zu ermöglichen und unsere Muttersprache als wichtigstes kulturstiftendes Element zu schützen«. Was genau »unsere eigene Kultur« denn ist und vor welchen Bedrohungen es »unsere Muttersprache« zu schützen gilt, wird nicht näher ausgeführt. Wo die FPÖ mitregiert, werden Kultursubventionen gekürzt. Betroffen sind in erster Linie die freie Szene und Kulturvereine von Migranten. Im oberösterreichischen Wels, der derzeit größten Stadt mit FPÖ-Bürgermeister, wurden dieses Jahr den Jugendkulturvereinen pauschal 10 Prozent gestrichen. Dafür gab es erstmals 10.000 Euro fürs »Volkstanzen«. Da mangels Interesse aber gar kein passender Verein existiert, wurde das Geld an eine kommerzielle Tanzschule für die Abhaltung entsprechender Kurse weitergeleitet. Ein vielleicht noch schwererer Schlag ist die Schließung der Jugendherberge, die sich auf dem Gelände des relevantesten Welser Kulturzentrums befindet.
Während die FPÖ in Wels und im Land Oberösterreich mit der konservativen ÖVP einen willfährigen Koalitionspartner hat, setzt man in der benachbarten Landeshauptstadt Linz Kürzungen im Kulturbereich auch gemeinsam mit der Sozialdemokratie durch. Der Rotstift wird angesetzt beim Linz-Fest, beim Musikschul-Budget, bei den Bibliotheken und dem erst im Kulturhauptstadtjahr 2009 eröffneten Atelierhaus, das seinen Betrieb sogar komplett einstellen soll. Aber die FPÖ stößt auch an Grenzen: In Wels hätten Kindergartenkinder verpflichtend jeweils fünf deutsche Gedichte und Lieder lernen sollen. Nach bundesweiter Erheiterung verschwand der Entwurf für eine entsprechende Verordnung wieder in der Schublade.
Thomas Rammerstorfer, Wels
Der Beitrag erscheint in der Melodie und Rhythmus 1/2017, erhältlich ab dem 30. Dezember 2016 am Kiosk, im Bahnhofsbuchhandel oder im Abonnement. Die Ausgabe können Sie auch im M&R-Shop bestellen.