Der Streit ums Urheberrecht ist eine der hitzigsten Auseinandersetzungen, die im Musikgeschäft geführt werden. Ton- und Videoaufnahmen können heute mit einfachsten Mitteln vervielfältigt und verbreitet werden. Bedeutet jede Raubkopie gleich einen Plattenverkauf weniger? Leistet Nachlässigkeit bei der Durchsetzung geltenden Rechts Monopolisierungstendenzen Vorschub, da die kleinen Indie-Labels sich nicht halten können, wenn der Markt einbricht? Davor warnen die einen. Die anderen betrachten das Urheberrecht als ein mit der digitalisierten Informationsgesellschaft nicht kompatibles Relikt aus dem vergangenen Jahrhundert. Sie weisen darauf hin, dass in erster Linie die Major-Labels auf verschärfte Gesetze und konsequente Verfolgung drängen, um ihre Pfründe zu sichern. Wir lassen zwei Insider die These diskutieren:
Das geltende Urheberrecht sichert in erster Linie Hegemonie und Profit der Major-Labels
PRO
Das Recht auf Remix
Der digitale Wandel hat nicht nur das Konsumentenverhalten grundlegend verändert, sondern auch die Werkzeuge der Kulturschaffenden. Das neue digitale Paradigma trifft aber auf ein veraltetes Urheberrecht. Wie bei einem Großteil wirtschaftlich genutzter Rechtsnormen war es der Einfl uss der Verlags- und Unterhaltungskonzerne, der zu den wesentlichen Veränderungen des Urheberrechts im letzten Jahrhundert geführt hat – und nicht das elementare Interesse von Urhebern. Das drückt sich etwa in dem bis heute gültigen Grundsatz des starren Melodienschutzes aus: Obwohl Improvisationen und Verarbeitungen bekannter Themen bis weit in die klassische Musikvergangenheit zurückreichen, wird dieses Monopolrecht von Verlegern bis heute strikt durchgesetzt….
Bruno Kramm
ist Musiker, Musikproduzent und Politiker. 1990 gründete er ein Underground-Label. Bei der Gothic-Band Das Ich ist Kramm Komponist und Produzent. Seit November 2014 ist er Vorsitzender der Piratenpartei Berlin.
Foto: Ben De Biel
CONTRA
Die ökonomischen Gegebenheiten
Das Urheberrecht schützt, wie der Name schon sagt, zunächst einmal die Rechte des Urhebers an seinem Werk. Deshalb soll auch nur er selbst darüber entscheiden können, wie es genutzt wird. Erst das sich darin ausdrückende Verständnis vom Wert geistigen Eigentums ermöglicht es Kreativen ja letztlich, mit ihrer Kreativität ihren Lebensunterhalt zu verdienen, wenn sie erfolgreich sind. Dafür brauchen sie allerdings in vielen Fällen Partner, seien es Major- oder Indie-Labels, Verlage oder Manager, die sie unterstützen, ihnen zum Teil rein administrative, teils kreative Arbeit abnehmen, ihre Werke an die Öffentlichkeit bringen, sie inspirieren oder schlicht an sie glauben. Diese Partner wählt der Kreative frei aus und beteiligt sie am Erfolg. Das war bisher ein einleuchtender Deal. Und auch im Jahr 2014 wünscht sich laut einer Studie die große Mehrheit der Musiker, die eine professionelle Karriere anstreben, die Unterstützung eines Labels. …
Dr. Florian Drücke
ist promovierter Jurist und war seit 2008 beim Bundesverband Musikindustrie e.V. für die Rechtsabteilung und das Lobbying verantwortlich. Seit 2010 ist er Geschäftsführer des Verbandes.
Foto: Markus Nass
Die kompletten Debattenbeiträge lesen Sie in der M&R 1/2015, erhältlich ab dem 5. Januar 2015 am Kiosk, im Bahnhofsbuchhandel oder im Abonnement. Die Ausgabe können Sie auch im M&R-Shop bestellen.
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