Melodie & Rhythmus

Vorwärtsverteidigung von unten

06.06.2025 08:30

M&R-Sondernewsletter, 5.6.2025

Die Pressefreiheit in Deutschland ist in Gefahr. Noch nie zuvor in der Geschichte der Bundesrepublik wurden linke und andere kritische Medien so sehr in ihrer Arbeit eingeschränkt, wie es seit der sogenannten Zeitenwende geschieht.

Wenn deutsche Regierungen historisch »Großes« vorhaben, dann ist von jeher mit dem Schlimmsten zu rechnen. Kriegstüchtigkeit herzustellen, wie es gegenwärtig vorangetrieben wird, bedeutet unweigerlich, billigend in Kauf zu nehmen, dass Deutschland wieder zum »Bloodland« Westeuropas wird und damit die vitalen Interessen seiner Bevölkerung fundamental verletzt. Für derart infernale Vorhaben fungiert eine Koalition der willigen Medien als Megafon des Furor teutonicus, während die letzten Reste der vierten Gewalt als kritisches Regulativ liberaler Demokratien ausgeknipst werden sollen.

Die Tageszeitung junge Welt (jW) ist ein Organ der gesellschaftlichen Linken, das nicht nur Störgeräusche gegen deutsche Zustände sendet. Es leistet auch radikale Aufklärung über den militaristischen Umbau von Staat und Gesellschaft als eine deutsche Kontinuität samt seinen Hintergründen und hässlichen Begleiterscheinungen, wie Entdemokratisierung, Sozialabbau, Polizeiwillkür, Geschichtsklitterung und unheilige Allianzen mit Faschisten. Daher wird jW vom Staat und dessen Behörden mit wachsender Aggression bekämpft. Was mit Versuchen, sie vom Zeitungsmarkt zu verdrängen, etwa durch Nennung im Verfassungsschutzbericht, Werbeverbote im öffentlich-rechtlichen Rundfunk etc. begann, prasselt mittlerweile als Feuerwerk von Repressionsmaßnahmen auf die Redaktion und den Herausgeber, Verlag 8. Mai, nieder: jW-Journalisten wurden wiederholt von der Polizei an ihrer Arbeit gehindert, sogar vorübergehend weggesperrt. Im Februar verstießen Beamte gegen das Hausrecht des Verlags 8. Mai, drangen in seine Räume ein, um die Teilnehmer einer Veranstaltung mit UN-Sonderberichterstatterin Francesca Albanese zum Massenmord in Gaza einzuschüchtern. Am 8. und 9. Mai haben Beamte das Verteilen der Zeitung beim Gedenken an den sowjetischen Ehrenmalen unterbunden. Das sind nur wenige der sich in den vergangenen Monaten häufenden Schikanen und Drangsalierungen durch die Staatsgewalt.

Auch die Zukunft des Kulturmagazins, das ebenfalls vom Verlag 8. Mai herausgegeben wird, hängt an der Existenz der jungen Welt. Unser fortgesetztes Bemühen, M&R sobald wie möglich wieder als Printprodukt erscheinen zu lassen, wäre definitiv zum Scheitern verurteilt, wenn die Angriffe auf jW nicht erfolgreich abgewehrt und die Zeitung nicht auf eine solidere Basis mit deutlich erhöhter Reichweite gestellt werden kann. Aber es steht noch mehr auf dem Spiel: Der Versuch der Funktionseliten des deutschen Imperialismus und ihrer Meinungsindustrie, eine Gesellschaft ohne linke Opposition zu errichten, muss vereitelt werden, bevor es eines Tages zu spät und die Eindimensionalisierungsprozesse in der Medienlandschaft unumkehrbar sein könnten. Das geht nur mit einer breiten Front fortschrittlicher Kräfte im Rücken, mit der eine Vorwärtsverteidigung von unten organisiert werden kann. Daher abonnieren Sie jW. Falls Sie das schon getan haben sollten, steigen Sie auf ein höheres Preismodell um oder auf ein Soliabo. Spenden Sie Geld für unsere Arbeit und beteiligen Sie sich an der Werbung für die Zeitung, damit sie bekannter und wirkmächtiger werden kann (nähere Informationen über Unterstützung für jW finden Sie hier: jungewelt.de/jw-staerken).

Liebe Leser, für alle, die unter Pressefreiheit nicht die Freiheit der Herrschenden verstehen, die Medien zu bestechen und ihre Macht »zur Fabrikation und Verfälschung der sogenannten öffentlichen Meinung auszunutzen«, wie es Lenin bereits 1919 kritisierte, ist es jetzt Zeit zum Handeln. Unabhängiger Journalismus ist nicht alles, aber alles ist ohne ihn nichts für mündige Menschen, die sich nicht verblenden lassen und nicht zulassen wollen, dass unsere Gesellschaft eines Tages wieder Lust am eigenen Untergang empfindet.

Susann Witt-Stahl
Chefredakteurin Melodie & Rhythmus

Kontakt: redaktion@melodieundrhythmus.com

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