
Foto: Susann Witt-Stahl
Abschied von unserem Freund und Genossen »Dobryj« Alexej Markow
Überall, wo er in der Volksrepublik Lugansk auftauchte, wurde er von der Bevölkerung warmherzig begrüßt. In der blutigen Kesselschlacht um Debalzewe hatten Alexej Markow und seine kommunistische Einheit in ihrem Frontabschnitt verletzte Zivilisten in einem waghalsigen Panzermanöver retten können. Seine Tapferkeit, mehr noch seine bedingungslose Menschenliebe und Hilfsbereitschaft waren der Grund, warum ihn vor allem die »einfachen Leute« schon fast zärtlich »Dobryj« (der Gute) nannten. Sein großes Vorbild sei Che Guevara, »weil für ihn das Glück des Volkes das Wichtigste war«, erzählte Alexej uns bei der ersten Begegnung im Spätsommer 2015 auf einer unserer Recherchereisen in den Donbass für jW und M&R. Ob es darum ging, Grenzen und Türen zu öffnen oder eine warme Mahlzeit zu kochen, auf den gemeinsamen Geländefahrten den Marxismus und die Welt zu erklären oder seine Hand ins Feuer zu legen: Alexej war immer für uns da. Aus einem Interviewpartner wurde ein Freund. Auf der Rosa-Luxemburg-Konferenz 2016, zugeschaltet von seinem Stützpunkt in Altschewsk, seine unvergessliche Rede – ein Feuerwerk des proletarischen Internationalismus.
Der 1973 in Omsk geborene Sibirier hatte bereits im Alter von 16 Jahren in Nowosibirsk Atomphysik studiert. Seine Großväter hatten im Zweiten Weltkrieg in der Roten Armee gegen Nazideutschland gekämpft und waren beide gefallen. Das Ende der Sowjetunion hat Alexej Markow als Zerstörung seiner Lebenswelt, aber nicht seiner Hoffnungen erfahren. »Ich bin überzeugter Kommunist, seit ich denken kann«, sagte er und wusste ganz genau, was er als Sohn seiner nur vorläufig geschlagenen Klasse zu tun hatte. So gab es für ihn kein Halten mehr, als die rechte Putschregierung in Kiew im Frühling 2014 faschistische Milizen in die Ostukraine schickte, um den Widerstand der Bevölkerung zu brechen. Er gründete die Dobrowoltscheskij Kommunistitscheskij Otrjad (Kommunistische Freiwilligeneinheit) und schloss sich mit 18 russischen Genossen dem legendären »Geisterbataillon« an. Nach dem bis heute nicht aufgeklärten Mord an dessen Kommandeur Alexej Mosgowoj im Mai 2015 wurde Markow sein Nachfolger.
Und nun ist auch er tot. Laut offiziellen Berichten ist er am 24. Oktober nach einem schweren Autounfall seinen Verletzungen erlegen. Ein schrecklicher Verlust – für seine Kampfgefährten, für die Verdammten dieser Erde, für uns, besonders für alle, die nicht mehr die Freude und die Ehre hatten, Alexej Markow begegnen zu dürfen.
Susann Witt-Stahl
Der Beitrag erscheint in der Melodie & Rhythmus 1/2021, erhältlich ab dem 18. Dezember 2020 am Kiosk, im Bahnhofsbuchhandel oder im Abonnement. Die Ausgabe können Sie auch im M&R-Shop bestellen.
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