Melodie & Rhythmus

»Rette ich etwas, indem ich ein Preisschild draufklebe?«

28.02.2012 13:56

Mr Dead & Mrs Free

Seit Jahren wird das Aussterben der kleinen Plattenläden vorhergesagt. Es gibt sie aber immer noch.
Interview: Georg Rackow, Fotos: Santiago Flores

Mit dem Aufstieg der Discounter wandelte sich das trübe Bild vom kleinen Plattenladen. Seit Jahren wird sein baldiges Aussterben angekündigt, doch fast trotzig widersteht er der »Geiz ist geil«-Walze. Mit jedem Jahr, in dem der Untergang des Plattenladens wieder mal verschoben werden muss, wächst sein Mythos – auch deshalb, weil in ihm eine Ware verkauft wird, die ihren Liebhabern als mythisch verklärte Quelle des reines Klangs gilt: die Schallplatte aus Vinyl.

Neben anderen exzellenten Plattenläden hat sich in Berlin »Mr Dead & Mrs Free« einen Namen als Anlaufpunkt für den Musikliebhaber gemacht. Seit 1983 verkaufen Ina Rüberg und Volker Quante Schallplatten am Nollendorfplatz. Sie haben Trends kommen und gehen sehen und dabei ein ganz eigenes Erfolgsrezept entwickelt: ihren Musikgeschmack. M&R sprach mit ihnen über die Wünsche ihrer Kunden, die Unsterblichkeit der Schallplatte und die Hintergründe des »Record Store Day«.

Inwieweit hat Nick Hornby mit seinem Buch »High Fidelity« das Bild des typischen Plattenladens geprägt?
Volker: Er hat schon die Realität abgebildet, aber er hat nichts initiiert.
Ina: Er hat etwas publik gemacht für Leute, die das vorher nicht kannten, aber für uns und unsere Kunden war das nichts Neues.

Läuft der Alltag im Plattenladen wie in »High Fidelity« ab? Mittags öffnen, viel Kaffee trinken und den ganzen Tag über Musik diskutieren?
Ina (lacht): Mittags zu öffnen ist auf jeden Fall wichtig, aber wir haben schon ein bisschen mehr zu tun. Der Unterschied zu »High Fidelity« ist, dass der Plattenladen im Buch ein Second Hand-Laden ist und deshalb der Wareneinkauf und die damit verbundene Computerarbeit wegfallen. Wir müssen neue Angebote überprüfen, Preise vergleichen und so weiter, das ist bei uns genauso trocken und unsexy wie in jedem anderen Laden auch. Alles andere ist bei uns wie im Buch.

Haben die staubige Nostalgie und schrullige Romantik von »High Fidelity« dazu beigetragen, dass die Plattenläden die Krise der Musikindustrie überlebt haben?
Ina: Nein. Das Buch hat höchstens Touristen angelockt, die so einen Laden mal von innen sehen wollten und ein Beweisfoto brauchten.

Das komplette Interview lesen Sie in der Melodie&Rhythmus 2/2012, erhältlich ab dem 2. März 2012 am Kiosk, im Bahnhofsbuchhandel oder im Abonnement. Die Ausgabe können Sie auch hier bestellen.

Record Store Day
Der »Record Store Day« wurde 2007 initiiert, um die Kultur der Independent Record Stores zu feiern. Er findet jedes Jahr weltweit am dritten Sonnabend im April statt, in diesem Jahr am 21. April. Mit exklusiven In-Store-Gigs, Meet & Greet, Ausstellungen, besonderen Vinyl- und CD-Veröffentlichungen sowie verschiedenen Werbeprodukten sollen Fans, Künstler und Plattenläden zusammenfinden.

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