Martin Mutschler
Das Erste, was wir sehen, sind die Hamburg-Süd-Container. Wir sind um den halben Erdball geflogen, als ich in der Flut der Autohupen, der Neonlichter und der fremden Gerüche der nächtlichen Stadt Guayaquil plötzlich hinter einer hohen Mauer die Container von zu Hause erhasche. Wir sind am Hafen, im Stadtteil Guasmo-Sur, hier werden wir fünf Wochen lang Theater machen. Verschifft, verfrachtet, angespült in Ecuador fühle ich mich merkwürdig globalisiert, und ich weiß noch nicht recht, was dieses Gefühl bedeutet.
Wir sind zu viert, halbwegs junge Leute irgendwo zwischen Studium und Beruf; dies hier ist Neuland: Wir planen etwas, was es im Guasmo noch nie gegeben hat – Musiktheater. Singen und spielen sollen die Jugendlichen einer Musikschule und von ihrem Leben erzählen, ihren Familien, ihren Wünschen. Doch neben den Darstellern gibt es noch einen weiteren Protagonisten: die Straßen des Viertels selbst, krumm betonierte Heimat, Straßenhändler mit Karren und Räuber auf Motorrädern, in der tropischen Hitze spielende Kinder. Das Leben pendelt brüsk zwischen Sicherheit und Gefahr, zwischen Leichtigkeit und Drogenkriminalität. »Wenn ich auf die Straße gehe, weiß ich nicht, ob mir was zustößt«, sagt Jefferson, der anders als die meisten nicht im Guasmo geboren ist. Wir haben aus seiner Geschichte eine Szene gemacht, jetzt ist es der Gitarrist Vladimir, selbst eine Art Outlaw, der Jeffersons Worte spricht: »Man muss damit klarkommen, dass die Welt wie ein Löwe ist, der dir mit der Pranke eine runterhauen will.«
Den kompletten Artikel lesen Sie in der Melodie und Rhythmus 6/2016, erhältlich ab dem 28. Oktober 2016 am Kiosk, im Bahnhofsbuchhandel oder im Abonnement. Die Ausgabe können Sie auch im M&R-Shop bestellen.
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