The Ruts besinnen sich auf alte Zeiten und den Punk zurück
Interview: Matt Zurowski
The Ruts waren eine der eindruckvollsten Bands der zweiten Punk-Welle. Seit dem Herointod ihres Frontmanns Malcolm Owen macht die Band als The Ruts DC weiter und meldet sich nun mit neuem Material zurück. M&R traf die Gründer John »Segs« Jennings und Dave Ruffy in London.
Ihr letztes Album »Rhythm Collision Volume 2« war purer Dub. Warum nun die Rückkehr in Punk-Gefilde?
Dave Ruffy (DR): Es ergab sich spontan, als wir beim Proben die alten Ruts-Songs gejammt haben und so auf neue Riffs stießen. Es ist aber kein reiner Punk, sondern auch Psychedelic u.a. dabei. Ein bisschen wie unsere Plattensammlungen, diesmal jedoch ohne Reggae.
Sind Sie erst durch Punk mit Reggae in Berührung gekommen?
DR: Nein. Mein erster Auftritt als Reggae-Schlagzeuger war mit einer schwarzen Band in Luton im Jahr 1968. Da war ich erst 14 Jahre alt. In London wuchs man mit Reggae und Soul auf. Zu unseren Gigs kamen die verschiedensten Subkulturen, die sich nicht besonders mochten: Punks, Skins etc. – Reggae war ein Gegengift, das die Aggression bremste. Die zweite und dritte Punk-Generation war vergleichsweise »weiß«.
John Jennings (JJ): Ja, und wir verloren das Interesse an Punk. Für uns war Two Tone die logische Fortsetzung – was danach kam, hat mich nicht mehr interessiert.
Worum ging es der Initiative »People Unite«, für die Sie sich u. a. mit der Reggae-Band Misty in Roots in Southall engagierten?
DR: Wir waren eigentlich nicht sehr politisch, aber wir hatten Freunde mit dunkler Hautfarbe – und damals war die National Front in den Straßen präsent, und auch die Polizei war rassistisch und äußerst brutal. Es schien uns logisch, etwas dagegen zu unternehmen. »People Unite« war ein Graswurzel-Kollektiv, in dem von Punk über Reggae bis hin zu asiatischem Volkstanz allerhand Kultur ausgetauscht wurde. Wir wollten einfach nur Leute zusammenbringen.
JJ: Das heutige politische Klima auf dem Kontinent ähnelt dem damaligen in England. Und auch bei uns müssen wir seit dem EU-Referendum leider einen Rückfall verzeichnen. Draußen herrscht eine seltsame Stimmung vor, die sich hoffentlich wieder legen wird.
Waren Sie damals in politischen Parteien aktiv?
DR: Nein. Wir waren stolze Mitglie-der der traditionellen Arbeiterklasse, und linke Gruppierungen bestanden oft aus Mittelschichtskindern. Wir dachten nur: »Was wissen die schon?« Auch die Labour-Partei wurde zunehmend Mittelschicht. Und heute? Heute sind wir alle keine stolzen Arbeiter mehr, sondern nur noch »Prolls«.
Besteht Hoffnung?
JJ: Ja sicher. Nur glaube ich nicht, dass Jeremy Corbyn der Hoffnungsträger ist. Diese Leute haben alle nichts mit uns gemein.
DR: Letztendlich sind es die Konzerne und Medienbarone, die den Ton angeben – die Parteien tanzen nach deren Pfeife. Aus diesem Grund wollte Rupert Murdoch doch, dass Großbritannien die EU verlässt – damit sie ihm nicht reinpfuscht, wenn er der britischen Regierung Anweisungen gibt.
The Ruts DC Music Must Destroy
Westworld Recordings
www.theruts.co.uk
Das Interview lesen Sie in der Melodie und Rhythmus 5/2016, erhältlich ab dem 2. September 2016 am Kiosk, im Bahnhofsbuchhandel oder im Abonnement. Die Ausgabe können Sie auch im M&R-Shop bestellen.
Anzeigen br>