Melodie & Rhythmus

Das einzige,was zählt …

25.08.2015 15:16
Foto: Picture-Alliance / Hermann Josef Wöstmann

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Popstars inszenierten den Mauerfall ’89 als welthistorisches Feuerwerk der Freiheit und ultimative Dauerparty. Dafür werden sie bis heute reich belohnt

Mareike Lütge & Susann Witt-Stahl

»Der 9. November ’89 / Das war ein denkwürdiger Tag / Westberlin, ein Heer von Trabis / Und die knattern durch die ganze Stadt / Die Medien sind voll davon / Und auch ich bin etwas berührt / Aber dass sie da andauernd von Freiheit reden / Hey, da hab ich wohl was nicht kapiert / Freiheit, ja was heißt denn das? / Geh ins KDW / bunte Bilder, kauf dir was / Greif ins Portemonnaie!« So beschrieb der Berliner Liedermacher Quetschenpaua den Fall der Mauer in seinem Lied »9. Nov. – 3. Okt.«. Mit dieser kritischen Perspektive gehörte er jedoch in der Musikszene zu einer Minderheit. Wie die Mainstream-Presse, die das Geschehen in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1989 mit Schlagwörtern wie »Gänsehautmoment« und »kollektiver Glückstaumel« belegte, zog auch die Popwelt alle Register der Banalisierung und Emotionalisierung des symbolträchtigen historischen Ereignisses. Viele Musiker nutzen es als perfekte Kulisse für eine Selbstdarstellung als Westliche-Welt-Patrioten – eine Marketing-Strategie, die die Kassen gewaltig zum Klingeln brachte.

Während die musikalische Subkultur im Westberlin der 1980er-Jahre die politischen Geschehnisse skeptischer kommentierten oder sich – nach der Kommerzialisierung der Neuen Deutschen Welle – in avantgardistisch-expressionistische Ausdrucksformen flüchtete, herrschte bei der Musikindustrie business as usual: In den Charts dominierten standardisierte Popsongs, die keine großen Überraschungen boten. Im Januar und Februar ’89 war Robin Beck mit ihrem Liebeslied »First Time« auf Platz eins der Charts – einem Titel, der in den USA die Tonspur für einen Werbespot von Coca Cola lieferte. Und »Lambada«, einer der bekanntesten Plagiatsfälle in der jüngeren Musikgeschichte, wurde zum Verkaufsschlager.

Im April 1989 erklomm David Hasselhoff mit seiner Version von »Looking for Freedom« die Charts. Der Song von Jack White war bereits 1978 in der englischen Fassung von Marc Seaberg und einer deutschen von Tony Marshall (»Auf der Straße nach Süden«) bekannt geworden.

Den kompletten Artikel lesen Sie in der Melodie und Rhythmus 5/2015, erhältlich ab dem 28. August 2015 am Kiosk, im Bahnhofsbuchhandel oder im Abonnement. Die Ausgabe können Sie auch im M&R-Shop bestellen.

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