Die Dokumentation eines Einzelschicksals erinnert an eine bis heute wenig beachtete Opfergruppe des Naziterrors
Interview: Sandro Abbate
In seinem Dokumentarfilm »Freistaat Mittelpunkt«, der im September in die deutschen Kinos kommen wird, widmet sich Kai Ehlers dem Leben des Einsiedlers Ernst Otto Karl Grassmé – eines Opfers von Zwangssterilisation unter dem NS-Regime. M&R sprach mit dem Regisseur über Grassmés Geschichte, versäumte Sühne und die filmische Verarbeitung der damaligen Ereignisse.
Ernst Otto Karl Grassmé dürfte den meisten unbekannt sein. Wie sind Sie auf seine Biografie aufmerksam geworden?
Als ich im Kunsthaus M.1 in Hohenlockstedt eine Filmreihe kuratierte, haben mich – durch Vermittlung des Journalisten Christian Meurer – Olaf Plotz und Lothar Pigorsch angesprochen. Die beiden hatten Ernst Otto Karl Grassmé noch persönlich gekannt und zahlreiche Briefe aufgehoben, die die Tochter von Lothar Pigorsch erhalten hatte, sowie Teile seines Nachlasses verwahrt. 25 Jahre nach seinem Tod fragten sie mich, ob er nicht als möglicher Protagonist für einen Dokumentarfilm infrage komme. Mein Interesse an ihm wurde geweckt, als ich seine Fotografien sah, die er insbesondere von Kindern gemacht hatte, und in seinen Briefen auf Fragmente stieß, die auf seine außergewöhnliche Lebensgeschichte hinwiesen, ohne sie jedoch eindeutig zu klären.
Sind von Internierung, Zwangssterilisation und letztendlich Tötung betroffene (psychisch) Kranke eine zu wenig beachtete Opfergruppe der Nazizeit?
Ich habe meine Recherchen zwar auf Ernst Otto Karl Grassmé und seinen Vater beschränkt, der mit großer Wahrscheinlichkeit ein Opfer der sogenannten Euthanasie wurde. …
[≡] Freistaat Mittelpunkt
Regie: Kai Ehlers
Kai Ehlers Film
Das komplette Interview erscheint in der Melodie & Rhythmus 3/2021, erhältlich ab dem 18. Juni 2021 am Kiosk, im Bahnhofsbuchhandel oder im Abonnement. Die Ausgabe können Sie auch im M&R-Shop bestellen.