Normahl, die älteste deutsche Punkband, hat Ärger mit ihrem Oldie »Bullenschweine«. Sänger Lars Besa nimmt Stellung
Interview: Christof Meueler
Sie sind 47 Jahre alt, seit 1978 Punkrocker. Jetzt macht Ihnen ein Lied zu schaffen, das Sie vor 31 Jahren aufgenommen haben: »Bullenschweine«. Ist das eine Zeitreise in die 80er Jahre?
Ja, wir hatten dieses Lied fast schon vergessen. Es gehört nicht zu unseren besten, weshalb wir es live auch nicht mehr spielen. Nun sagen die Behörden: gib uns die CDs, auf denen dieser Song drauf ist und verzichte darauf, ihn in Zukunft zu spielen. Das ist für mich Zensur total.
Als das Lied vor 31 Jahren veröffentlicht wurde, passierte nichts?
Gar nichts.
In dem Lied heißt es: »Sie nennen sich Helfer der Nation / Bullen soll man ehren/ Ich scheiß auf diese Tradition/ Vor Bullen muss ich mich nur wehren/Haut die Bullen platt wie Stullen/Haut ihnen ins Gesicht/Bis dass der Schädel bricht«. Das klingt für mich eher wie ein Comic, wie eine Seyfried-Karikatur.
Genau. Das Wort »Bulle« ist ja nun keine Erfindung von Normahl. Wir haben uns mit vielen Songs über »Bullen« für deren Schikanen gegenüber Punks bedankt. Es geht uns aber nicht darum, Gewalt zu verherrlichen. Unser Lied »Bullenschweine« habe ich immer als Momentaufnahme verstanden: Bei bestimmten Anti-AKW-Demos gab es Gewalt von beiden Seiten, von der Polizei und von den Demonstranten. Und wenn ich in einem Punkrefrain nicht mehr überziehen darf, soll ich in Zukunft alle meine Texte irgendeiner Behörde vorlesen und hoffen, dass sich da jemand findet, der sie versteht?
Da gibt es Verständnisprobleme?
Auf jeden Fall. Gegen uns wurde Anklage erhoben, weil das sächsische Landeskriminalamt anscheinend nicht richtig schreiben kann. Die waren auf der Suche nach einem Lied, das »Bullenschwein« hieß, von irgendeiner rechtsradikalen Band. Diese beiden Lieder hat man miteinander verwechselt und so kam es, dass man mich der »Aufstachelung zum Rassenhass« bezichtigte. Daraufhin musste sich das LKA Sachsen intern vom BKA belehren lassen, ich konnte das später in den Akten einsehen, dass die Band Normahl damit »leider« nichts zu tun hat. Weil das LKA aber nun schon mal beim Thema war, sind die nach Bonn zur Bundesprüfstelle für jugendgefä hrdende Medien gefahren, um unseren Titel als »gewaltverherrlichend« indizieren zu lassen.
Mit »Bullenschweine« könnte Normahl eigentlich in einer Achtziger-Jahre-Oldies-Show auftreten.
Theoretisch ja. Aber so etwas heute noch zu spielen, das wäre ja kindisch. Obwohl wir jetzt mit diesem Lied in die offiziellen Downloadcharts von Amazon eingestiegen sind – auf Platz 68. Ein größeres Eigentor hätte sich die Staatsanwaltschaft eigentlich nicht schießen können. Ich bin mir sicher, dieser Song hätte sonst keinen Menschen mehr interessiert.
Lars Besa ist Sänger der Punkband Normahl. In Leutenbach bei Winnenden (Baden-Württemberg) betreibt er einen Sanitärbetrieb.
Das Interview erscheint in der Melodie&Rhythmus 2/2013, erhältlich ab dem 1. März 2013 am Kiosk, im Bahnhofsbuchhandel oder im Abonnement. Die Ausgabe können Sie auch im M&R-Shop bestellen.