
Can, 1972
Der deutsche Mythos »Krautrock« wurde aus England importiert
Text: Wolf Kampmann, Fotos: dpa, Heinrich Klaff
Deutschland rockt. Das ist nicht erst heute so, sondern seit den fünfziger Jahren. Als Elvis seinen Militärdienst in Friedberg antrat, stand die ganze Nation westlich der Elbe Kopf. Die Beatles lösten gar über den Eisernen Vorhang hinweg gesamtdeutsche Rock-Euphorie aus. Zahlreiche Bands wie die Lords und die Rattles sprangen auf den Beat-Zug auf. Ende der sechziger Jahre folgte dann die Ära der Studentenunruhen, des Widerstandes von links unten gegen rechts oben, der Abkehr von der angloamerikanischen Kulturdominanz. Nicht nur in Deutschland, auch in Frankreich, den Niederlanden und Skandinavien manifestierte sich nachhaltig das Bedürfnis nach eigenständiger Rockmusik.
Historisch gesehen ist der Krautrock ein Sonderfall, weil hier eine heterogene geografische Szene unter einem international anerkannten Genre-Begriff gebündelt wird. Heutige Bands wie Sonic Youth, Stereolab, Battles, Siinai oder Tortoise berufen sich auf den Krautrock. Sie führen diesen Begriff so selbstverständlich im Mund, als handele es sich dabei um eine unumstößliche historische Kategorie. Doch sitzen wir nicht einem Mythos auf?
Es steht ja außer Frage, dass Ende der sechziger Jahre viel innovative Musik aus der Bundesrepublik kam. Fragt man aber Vertreter vermeintlicher Krautrock- Protagonisten wie Faust oder Can, ob sie denn Krautrock gespielt hätten, erntet man nur mitleidiges Unverständnis. Natürlich nicht, denn Krautrock, das waren ja immer die anderen. Aus der ersten Reihe der deutschen Bands jener Jahre will sich niemand unumwunden zu dem Wortgemüse bekennen. Selbst Faust dürften ihren Titel »Krautrock« 1973 ironisch verstanden haben. Kein Wunder, denn das Konstrukt kam ja über einen Umweg nach Deutschland.
Den kompletten Beitrag lesen Sie in der Melodie&Rhythmus 2/2012, erhältlich ab dem 2. März 2012 am Kiosk, im Bahnhofsbuchhandel oder im Abonnement. Die Ausgabe können Sie auch hier bestellen.
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