Der Investmentfonds Terra Firma hat sich mit EMI verspekuliert In den letzten Jahren konnte man über EMI manches sagen – aber kaum etwas Positives. Seit der Investmentfonds Terra Firma unter Führung des Investors Guy Hands EMI 2007 für 4,2 Milliarden Pfund kaufte, wurde das Label zum klassischen Objekt einer Heuschrecke: Übernahme mit Krediten finanziert, Kreditraten auf EMI bertragen, EMI für Filetierung und Verkauf vorbereitet.
Der Investor versprach sich ein gutes Geschäft. EMI ist zwar das kleinste der vier Major-Label (EMI, Warner, Sony, Universal), besitzt aber mit der Sparte EMI Music Publishing den größten Musikverlag der Welt. Relativ unabhängig vom Verlag arbeitet die krisengeplagte EMI Music, die immer noch ca. 14.000 Bands und Künstler unter Vertrag hat.
Vielleicht hat Guy Hands die Implosion der Musikindustrie unterschätzt, die 2007 schon im vollen Gange war. Das traut man einem Großinvestor zwar nicht zu, aber irren ist menschlich. Ganz sicher irrte er sich im Umgangston mit seinen Vertragspartnern. Nicht jeder Künstler lässt sich freiwillig in die Rolle eines buchhalterischen Störfaktors drängen. Radiohead verließen EMI 2007, Paul McCartney ging ebenfalls und nahm seinen eigenen Backkatalog mit, die Rolling Stones folgten 2008.
Terra Firma sparte, strich und kürzte, doch am Ende war alles umsonst. Im Januar 2011 hatte Terra Firma 3,4 Milliarden Pfund Schulden bei ihrer Bank Citigroup. Die übernahm am 1. Februar alle Schulden und setzte Guy Hands vor die Tür. Manche Experten sagen: Sie pfändete die Unternehmenswerte. Die Citigroup wird EMI nicht behalten. Zwei Alternativen deuten sich an: der Verkauf an eine Beteiligungsgesellschaft – neues Spiel, neues Glück –, oder an ein anderes Label. Sony und Universal kommen aus wettbewerbsrechtlichen Gründen nicht Frage. Sie sind zu groß, um noch größer werden zu dürfen.
Bleibt Warner. EMI hatte schon früher Interesse am Kauf von Warner, was Warner mit einem Gegenangebot für EMI abwehrte. Beide Label sind angeschlagen. Allerdings wäre eine komplette Verschmelzung von Warner und EMI in etwa so, als würden sich zwei Einbeinige aneinander binden, um besser laufen zu können, wobei der eine ein kurzes und der andere ein langes Bein hat.
Die Warner Music Group schloss das letzte Quartal 2010 mit einem Minus von 14,1 Prozent ab, der Verlag Warner/Chappell musste einen Umsatzrückgang von 14,9 Prozent verkraften. Unlängst beauftragte Warner die Investmentbank Goldman Sachs mit der Suche nach einem Käufer für sich selbst. Trotzdem hat man die Übernahme von Teilen der EMI nicht aufgegeben. EMI Music Publishing ist ein Diamant, für den man sich gern noch mehr verschulden würde.
EMI Music ist weniger interessant. Findet sich niemand, der die Musiksparte von EMI im Paket übernimmt, bleibt nur noch ihre Zerschlagung. Die lukrativen Sublabel kann man verkaufen. Der Rest wird geschlossen.
Jürgen Winkler
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