Der Schriftsteller Guillaume Paoli über das Album »Toothsayer« von Tanya Tagaq
Musik entsteht bekanntlich im Ohr des Zuhörers. Als Inuit-Frauen unter sich Katajjaq-Runden veranstalteten, während die Männer auf der Jagd waren, hatten sie keinen künstlerischen Anspruch. Für sie war es ein zärtlicher Wettstreit darum, wer mit dem überraschendsten Laut die anderen zum Verstummen oder zum Lachen bringen kann. Erst die Tonaufnahmen der Musikethnologen haben aus diesem Spiel das nunmehr auch als Musik rezipierte Throat Singing (Obertongesang) gemacht.
Die atemraubende Atemtechnik der Inu-it-Frauen entwickelt seit 15 Jahren vor allem Tanya Tagaq zu einer hochwertigen Kunst. Im Unterschied zur ursprünglichen Form improvisiert sie solo, dafür lässt sie sich von so verschiedenen Musikern begleiten wie Björk, dem Kronos Quartet oder Faith No More. …
Guillaume Paoli, Jahrgang 1959, ist Essayist, Philosoph und lebt seit 1992 in Berlin. Ende der 1990-Jahre wurde er als Theoretiker der »Glücklichen Arbeitslosen« bekannt, bis 2017 unterhielt er im Roten Salon der Volksbühne die Diskussionsreihe »Im Zentrum des Übels«. Er hat zahlreiche Bücher geschrieben. Zuletzt erschien »Soziale Gelbsucht«, eine Studie zu der Frage, ob die Gelbwesten den Beginn einer neuen Revolution markieren.
Tanya Tagaq Toothsayer
Six Shooter Records
Der komplette Beitrag erscheint in der Melodie & Rhythmus 1/2020, erhältlich ab dem 13. Dezember 2019 am Kiosk, im Bahnhofsbuchhandel oder im Abonnement. Die Ausgabe können Sie auch im M&R-Shop bestellen.
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