Als die Haare länger wurden, ging in Sachen Geschlechterrolle einiges drunter und drüber
Text & Fotos: Ulrich Grunert
»Wollt ihr wirklich diesen Pony- Haarschnitt haben?« Der Friseur guckte uns einigermaßen fassungslos an. Er verstand die Welt nicht mehr. »Dann seht ihr ja wie Mädchen aus. So etwas trägt Brigitte Bardot, aber doch kein Junge. Tut mir Leid. Entweder Fasson, Rundschnitt oder Halblang. Ansonsten probiert es nebenan im Damensalon.« Unser Dorf-Friseur war sichtlich überfordert, als wir ihm ein Postkarte von John, Paul, George und Ringo vor die Nase hielten und die Hoffnung äußerten, dank seiner handwerklichen Kunst einen ähnlichen Haarschnitt zu erhalten. Der Kollege in der benachbarten Kreisstadt war da schon besser auf unsere Wünsche vorbereitet. »Ein Beatles- Schnitt? Kein Problem. Da seid ihr nicht die ersten.«
Mit Kamm und Schere wurde der durch jahrelange Übung dressierte Scheitel ein für alle Mal beseitigt. Noch reichte die Haarlänge nicht aus für den perfekten Pony. Aber die Richtung stimmte. Und der Friseur tröstete: »Das wird schon. Immer schön wachsen lassen. In sechs Wochen seht ihr aus wie die verrückten Engländer.«
Natürlich hatten nicht alle Erwachsenen so viel Verständnis für unsere neue Passion.
Auf dem Schulhof konnten wir uns allerdings über begeisterte Kommentare und wohlwollende Blicke der Altersgenossen nicht beklagen. Bald machen wir Fotos von unserer neuen Haarpracht, ganz im Stil der Star-Fotos, die wir aus der BRAVO kannten. Aber ganz anders sah es da mit der Anerkennung unserer Haar-Leidenschaft bei der Lehrerschaft aus. »Ihr könnt hier doch nicht rumlaufen wie die Hottentotten!«, grantelte unser Physiklehrer.
Den kompletten Artikel lesen Sie in der Melodie&Rhythmus 6/2013, erhältlich ab dem 1. November 2013 am Kiosk, im Bahnhofsbuchhandel oder im Abonnement. Die Ausgabe können Sie auch im M&R-Shop bestellen.
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