
Foto: Andrew Kelly (Reuters)
Der Musikwissenschaftler Omar Ruiz Vega über Kolonialismus, Musik und Identität
Interview: John Lütten
Kolonialismus bedeutet nicht nur politische Abhängigkeit, sondern auch Beeinflussung von Kunst und Kultur. Umso wichtiger ist es für kolonisierte Gesellschaften, die eigene Identität zu bewahren – Musik ist ein starkes Medium dafür. Zugleich bringen Kolonialregime neue Musikgenres und -stile hervor. Im Gespräch mit M&R erläutert der Musikwissenschaftler Omar Ruiz Vega die vielschichtigen Wechselwirkungen zwischen beherrschender und unterdrückter Kultur am Beispiel der Kolonialgeschichte Puerto Ricos, die einige Besonderheiten aufweist.
Sie haben sich intensiv mit der puerto-ricanischen Kolonialgeschichte und dem US-amerikanischen Einfluss befasst – können Sie uns einen kurzen historischen Überblick geben?
Puerto Rico war für über 400 Jahre eine Kolonie Spaniens, weshalb unsere Landessprache Spanisch ist. Doch anders als die meisten lateinamerikanischen Länder konnten Puerto Rico und Kuba nicht das spanische Joch während der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts abschütteln. Kuba kämpfte in den 1890er-Jahren noch immer gegen die Kolonialherrschaft. Die USA griffen 1898 militärisch in diesen Unabhängigkeitskampf ein und erklärten Spanien den Krieg. So begann der spanisch- amerikanische Krieg, der wichtige Konsequenzen für die Geschichte Puerto Ricos hatte. Denn nachdem Spanien ihn verloren hatte, wurde 1898 im Friedensvertrag von Paris festgelegt, dass Kuba – zumindest offiziell – die Unabhängigkeit erlangen und Puerto Rico von nun an eine Kolonie der USA werden sollte – bis heute ist die Insel ein Besitztum der USA. Die kolonialen Beziehungen zwischen den USA und Puerto Rico haben sich jedoch 1952 geändert, denn in diesem Jahr wurde das »Commonwealth of Puerto Rico« eingeführt. Die Puerto Ricaner erhielten mehr politische Autonomie, allerdings kontrollieren die USA immer noch viele Teile u. a. der Wirtschaft und der Außenpolitik. …
Der Kolonialismus und die US-amerikanische Politik sind auch an der Musik und den Künstlern nicht spurlos vorübergegangen. Welchen Einfluss hatten sie auf die puerto-ricanische Kultur?
Das ist in der Tat ein sehr interessantes Thema. Man kann nicht über puerto-ricanische Musik reden, ohne die kolonialen Beziehungen zwischen der Insel und Spanien, später den USA zu berücksichtigen.
Omar Ruiz Vega hat Musikwissenschaft in Berlin und Köln studiert und über den puerto-ricanischen Geiger José Figueroa Sanabia promoviert. 2015 ist sein Buch »Musik – Kolonialismus – Identität« erschienen. Er lebt in San Juan (Puerto Rico) und hat das Unternehmen Expertours Puerto Rico gegründet, das auf musikhistorische Führungen spezialisiert ist.
Das komplette Interview lesen Sie in der Melodie und Rhythmus 4/2015, erhältlich ab dem 26. Juni 2015 am Kiosk, im Bahnhofsbuchhandel oder im Abonnement. Die Ausgabe können Sie auch im M&R-Shop bestellen.
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