Melodie & Rhythmus

Der Mensch als Zeitbombe

16.03.2021 14:19
Foto: Imago Images / Zuma Press Feb 08 2006 Tempe AZ USA Tone John performs AT Arizona State University during The 1970 S Mandatory PUBLICATIONxINxGERxSUIxAUTxONLY ZUMAg72_ 20060208_cob_g72_101 Copyright xRickxGiasex

Foto: Imago Images / Zuma Press
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»TICKING«
ELTON JOHN

Der 1974 auf dem Album »Caribou« erschienene Song »Ticking« ist ein Paradestück der Zusammenarbeit des Popkomponisten und Performers Elton John mit dem Lyriker Bernie Taupin. Er behandelt höchst dramatisch den Kausalzusammenhang zwischen den psychischen Defiziten in der Kindheit und Jugend eines jungen Mannes aus einem repressiv-»normalen« Milieu und deren späterer Auswirkung in einem mörderischen Gewaltausbruch: In einer Bar streckt er mit seinem Revolver 14 Menschen nieder. In den Strophen wird die Zeit des »normalen« Heranwachsens beschrieben, Verwunderung darüber geäußert, dass es zu dem Amoklauf kam, und die Vorgänge am Tatort werden dargestellt, bis hin zur Erschießung durch die Polizei, als der Täter sich auf ihr Drängen ergeben will. Im Refrain wird an die ständigen Maßregelungen durch seine Mutter erinnert (»Remember Mama said«) und dazu das »Ticking, ticking« zweifach wiederholt – die menschliche Zeitbombe tickt unentwegt. Die »strange notions« in seinem Kopf münden schließlich in die Katastrophe.

Vieles aus dem Songtext ließe sich zitieren, um die meisterhafte Dichtkunst Bernie Taupins zu belegen, aber es reicht die Zeile, mit der er das Taumeln des durch die Hüter des rächenden Gesetzes Erschossenen im Moment seines Todes beschreibt: »Oh you danced in death like a marionette on the vengeance of the law.«

Moshe Zuckermann lehrte an der Universität Tel Aviv unter anderem Kritische Theorie. Er hat diverse kunsttheoretische Bücher und Aufsätze veröffentlicht, darunter »Kunst und Publikum. Das Kunstwerk im Zeitalter seiner gesellschaftlichen Hintergehbarkeit«. In den 1970er-Jahren war er als Komponist und Arrangeur tätig.

Der komplette Beitrag erscheint in der Melodie & Rhythmus 2/2021, erhältlich ab dem 19. März 2021 am Kiosk, im Bahnhofsbuchhandel oder im Abonnement. Die Ausgabe können Sie auch im M&R-Shop bestellen.

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