Text: Christoph Schrag, Foto: Promo
Bei einem Konzert von Max Prosa weiß man nicht, was einen erwartet. Hier nur zwei Möglichkeiten: Ein Mann mit Gitarre und Mundharmonika in einer kleinen Bar lässt intime Geschichten auf Musik durch die Rauchschwaden wehen. Oder: Eine fünfköpfige Band mit barocken Details wie Hackbrett und Glockenspiel zelebriert ein durchorchestriertes Programm auf der großen Bühne eines Festivals. Das Gute ist, dass beide Varianten so klingen, als müsste Max Prosas Musik eben genau so klingen und nicht anders. Lange hatte Max Prosa zwar eine ganze Ladung Songs im Gepäck, aber keinen blassen Schimmer, wie er sie an die Leute bringen sollte. Inzwischen ist die Unentschlossenheit zum System geworden. Max Prosa passt sich einfach an und spielt überall so, wie es sich gerade anbietet.
Hinter Max Prosa steckt ein ungewöhnlicher Musiker. Der junge Berliner wirkt auf den ersten Blick wie ein rohes Naturtalent, die prosaische Form des Genies, das wie nebenbei die eigenen Erfahrungen in Kunst gießt. Vor allem dann, wenn aus dem blassen Gesicht unter den roten Locken eine Stimme hervorbricht, die nach einem ganzen Leben auf der Straße klingt. Aber das ist nur die eine Seite. Die andere zeigt eine Facette, die man gerade in der Pop-Musik gerne unter den Tisch fallen lässt: Die unaufhörliche Arbeit an sich selbst und seinen Fertigkeiten. Max Prosa schreckt nicht davor zurück, sich in allen Richtungen fortbilden zu lassen. Er besuchte Creative-Writing-Kurse, war bei allen namhaften Pop-Elite-Schmieden dabei, von Popakademie in Mannheim über Popcamp vom Deutschen Musikrat bis Kontaktstudium in Hamburg. All das hat Max Prosa mitgenommen. Er lässt sich helfen, weil er weiß, was er kann und will.
Der scheinbare Widerspruch zwischen der unlenkbaren Kraft der Kreativität und dem Fleiß des wissbegierigen Schülers löst sich in Max Prosas Musik auf. Er beherrscht die Kunst, Lieder zu machen, die wie selbstverständlich auf den klassischen Holz-Instrumenten der Popgeschichte ins Rollen kommen. Sie sind einfach, ohne simpel zu sein, und Max erzählt mit Leidenschaft und zwingendem Singsang. Es ist Musik, die so individuell ist, dass sie aneckt, aber doch universell genug, dass sie berührt. Mit Texten, die auch im Kurzgeschichtensammelband bestehen würden: »Wirf die Worte aus dem Fenster, wofür soll das alles sein / Früher schien uns diese Frage so bedeutungslos und klein / Und trag die Tränen durch den Regen, weil hier ist eh schon alles nass / Früher waren Deine Augen traurig, jetzt sind sie kalt, weißt Du das?«
Auf den Seiten seines neuen künstlerischen Zuhauses Zughafen, der hochproduktiven WG von Clueso, ist zu lesen, dass Max Prosa sich sogar seinen eigenen künstlerischen Gründungsmythos herbeigelebt hat: Als blinder Passagier auf einem Kahn nach Dublin, in dessen Straßen er dann Musik machte, um nur vom Erspielten zu leben. Nach so einem Auftakt und bei derart überzeugendem modernen Folk, der daraus erwachsen ist, ist verständlich, dass Max Prosa keine Scheu hat, als Einf luss den Großen seiner Zunft als erstes anzuführen: Bob Dylan. Der dürfte keine Einwände haben. Die anderen Vorbilder David Bowie, Rio Reiser und Tom Waits auch nicht.
Den kompletten Beitrag lesen Sie in der melodie&rhythmus 2/2011, erhältlich ab dem 1. März 2011 am Kiosk oder im Abonnement.