Melodie & Rhythmus

Soundtrack zur Depression

28.10.2014 14:09

Curtis
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Mark Fisher untersucht die Melancholie im Gegenwartskapitalismus und findet ihre Symptome im Retro-Hype der Popmusik
Michael Zander

titel»There is no alternative!« Mit »TINA« bleibt die einstige britische Premierministerin Margaret Thatcher in Erinnerung. Damit kommentierte sie in ihrer Amtszeit (1979-1990) einen rücksichtslosen Kampf gegen die Gewerkschaften, den öffentlichen Dienst und die sozialen Sicherungssysteme. Ihre Entscheidungen seien »alternativlos«, tönte die deutsche Kanzlerin in den späten 2000ern. Die Gesellschaft für deutsche Sprache wählte den Begriff zum »Unwort des Jahres« 2010. Die Jury erklärte dazu: »Das Wort suggeriert sachlich unangemessen, dass es […] keine Alternativen und damit auch keine Notwendigkeit der Diskussion und Argumentation gebe.« TINA wurde zur Doktrin dessen, was der britische Kulturtheoretiker Mark Fisher den »kapitalistischen Realismus« genannt hat. Dessen Kernaussage, so Fisher in seinem gleichnamigen Buch, besteht eben darin, dass es außerhalb des Kapitalismus keine (wünschenswerte) Realität gebe; in den engen Grenzen dieser Lehre sei es einfacher, sich das Ende der Welt vorzustellen als ein Ende des Kapitalismus. In englischer Sprache liegt nun ein neues Buch vor, in dem der Autor dem Zusammenhang zwischen kapitalistischem Realismus und Popkultur nachgeht. »Ghosts of My Life. Writings on Depression, Hauntology and Lost Futures«, lautet der vielsagende Titel. Der Verlust möglicher »Zukünfte« spiegelt sich, so Fishers Diagnose, in einer scheinbar zeitlosen Popmusik wider. Während in den vergangenen Jahrzehnten jede Dekade ihren spezifischen Sound und damit einen zum Teil jähen Wechsel von Stilen hervorbrachte, sei die Musik seit den 2000ern durch einen Retro-Hype geprägt. Früher seien Platten von Elvis oder den Beatles als »Oldies« im Radio gespielt worden, heute jedoch erschienen populäre Stücke als neu, die sich in Wirklichkeit an der Vergangenheit orientierten. Die Songs der Arctic Monkeys oder von Amy Winehouse seien gesättigt von retrograden Anleihen.

Mark FisherGhosts of My Life
Zero Books, 2014, 245 Seiten
ISBN-13: 978-1780992266

Den kompletten Artikel lesen Sie in der M&R 6/2014, erhältlich ab dem 31. Oktober 2014 am Kiosk, im Bahnhofsbuchhandel oder im Abonnement. Die Ausgabe können Sie auch im M&R-Shop bestellen.

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