
Foto: Gabriele Senft
Barbara Thalheim zu Gast in der jW-Ladengalerie
Roter Bubikopf, markanter Lidstrich, in Jeans und blauem Blazer – so trat Barbara Thalheim am 26. Mai vor das Publikum der bis auf den letzten Platz gefüllten jW-Ladengalerie in Berlin. Im Gespräch mit KUNST+KULTUR-Chefredakteur Burkhard Baltzer warf die 1947 in Leipzig geborene Liedermacherin zunächst Schlaglichter auf ihren künstlerischen Werdegang. »Erst kam das Menschliche, dann kam das Musikalische hinzu«, resümierte sie die Vielzahl kreativer Begegnungen von den Anfängen in den 70er-Jahren als Sängerin mit dem Streichquartett der Hanns-Eisler-Hochschule bis hin zum Karriere-Neustart Anfang der 90er in Paris, wo sie den Avantgarde-Akkordeonisten Jean Pacalet kennenlernte. Die Wendejahre selbst erinnerte Thalheim als Zeit persönlicher Krisen: »Ich habe den Abgang der DDR unter starken Depressionen erlebt.«
Anknüpfend an das Titelthema der vorigen Ausgabe von M&R, »Arbeit & Gewerkschaft«, befragte Chefredakteurin Susann Witt-Stahl Thalheim zu ihrer seit 2010 bestehenden Mitgliedschaft bei der Gewerkschaft ver.di. »Es würde der Gewerkschaft gut anstehen, wenn sie sich mehr mit dem Genre der Poeten und Liedermacher beschäftigen würde«, regte Thalheim an. »Ich bin da praktisch veranlagt und möchte gerne Ergebnisse sehen für meine Klientel.« Baltzers Schilderung prekärer Lebensbedingungen von Musikern, Schriftstellern und Malern setzte Thalheim das Bild einer pragmatischen Künstlersolidarität entgegen: »Die Menschen, in deren Zirkeln ich zu Hause bin, sind in einer Vertragsgemeinschaft, wo wir nicht irgendwas Schriftliches brauchen, sondern wo wir mit Lust und Freude und Liebe füreinander da sind.« Man helfe sich auch ohne finanzielle Gegenleistungen aus, hole den anderen dafür im Falle lohnenswerter Gelegenheiten mit ins Boot.
Neben expliziter Kritik am Zeitalter des Turbokapitalismus kommentierte Thalheim die politische und gesellschaftliche Lage auch mit vier eigenhändig auf der Gitarre begleiteten Liedern: »In eigener Sache«, »Freiheit«, »Meine sieben Sachen« und »Mein Kinderland«, mit dem Thalheim den Abend beschloss.
red
Der Beitrag erscheint in der Melodie und Rhythmus 4/2016, erhältlich ab dem 1. Juli 2016 am Kiosk, im Bahnhofsbuchhandel oder im Abonnement. Die Ausgabe können Sie auch im M&R-Shop bestellen.
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