Kolumne Klassendramatik
Für ein Theater als Vorschein einer radikalen Neukonstruktion
»Dantons Tod« soll 1835 binnen fünf Wochen entstanden sein. In dem Drama verhandelt Georg Büchner scheinbar nur die zerstörerischen Elemente der Französischen Revolution. Tatsächlich historisiert er mit den vergangenen Kämpfen zugleich die Kämpfe der Gegenwart und ist dadurch imstande, revolutionäre Perspektiven und Hindernisse seiner Zeit auszuloten. Mithilfe von Zitatmontagen gewinnt er dem Vergangenen eine Diagnose des Gewordenen ab. Historisch verbürgte Reden werden mit poetischer Fiktion verschränkt. Dadurch erfahren wir mehr über die Hoffnungen und Enttäuschungen in der Phase der reaktionären Politik der Heiligen Allianz um 1835 als über die Jakobiner und den Sturm auf die Bastille 1789. Georg Büchner ging es um die Lebenden, nicht um die Toten. Darin unterscheidet er sich als Dramatiker von einem Historiker.
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Mesut Bayraktar ist Gründer der Zeitschrift Nous. Neue Literatur. Neben Erzählungen und Theaterstücken schreibt er Essays, Literatur- und Theaterkritiken für diverse Zeitungen und Zeitschriften. 2018 sind seine Erstlingswerke, das Drama »Die Belagerten« und der Roman »Briefe aus Istanbul«, erschienen.
Der komplette Beitrag erscheint in der Melodie & Rhythmus 1/2020, erhältlich ab dem 13. Dezember 2019 am Kiosk, im Bahnhofsbuchhandel oder im Abonnement. Die Ausgabe können Sie auch im M&R-Shop bestellen.