Melodie & Rhythmus

Idiotie und Innovation

30.12.2014 11:43

Videoclip
Bild: 1979 Island Records LTD (Youtube)

Das Musikfernsehen ist tot. Es lebe der Videoclip
Christoph Kutzer

titelAugust 1981, kurz nach Mitternacht: Die schönsten Plastikfolienwogen seit der »Jim Knopf«-Adaption durch die Augsburger Puppenkiste schwappen über den Bildschirm. Dann erscheint ein Mann mit komischer Brille und singt »Video Killed the Radio Star«. Dieser Moment wird die Musikwelt verändern. MTV ist da, und mit dem Erfolg des Senders wird der Videoclip zu einem unverzichtbaren Begleitmedium bei der Vermarktung von Neuerscheinungen – gleich ob es sich um eine Madonna- Single oder ein Album von Cannibal Corpse handelt. Heute sind die Zeiten der televisionären Dauerberieselung mit bunten Pop-Filmchen Geschichte. Die These, das Internet würde den Videostar killen, hat sich jedoch als falsch erwiesen: Die nackte Abrissbirne Miley Cyrus lieferte 2013 ein glänzendes Beispiel dafür, wie viel Wirbel ein Clip nach wie vor verursachen kann.

Skandalös erfolgreich
2014 wurde Cyrus‘ »Wrecking Ball« bei den MTV-Music-Awards als bestes Video ausgezeichnet. 1982 waren Queen mit »Body Language« aus dem Programm des Senders verbannt worden: zu viel Haut, zu viel Homoerotik. Seiner Prüderie blieb der Sender lange treu. Noch 1997 verpixelte er Brustwarzen im Zeichentrickvideo zu Radioheads »Paranoid Android«. VIVA zeigte den Clip unzensiert. Grund zur Panik waren Zensur, Sendeverbote und Abschiebung ins Nachtprogramm nur selten. Skandale sind gute Publicity. Nehmen wir beispielsweise Rammstein: Als das Sextett 1998 seine Version von Depeche Modes »Stripped« mit Ausschnitten aus Leni Riefenstahls »Olympia« bebilderte, fühlten sich all jene bestätigt, die schon in Till Lindemanns rollendem R und dem testosterontriefenden Cover-Motiv des Debüts Indizien für rechte Gesinnung gesehen hatten. In Deutschland war die Band plötzlich in aller Munde. Dass die Musiker sich in Interviews erstaunt zeigten, welchen Aufschrei das Video ausgelöst hatte, wirkte nicht sonderlich überzeugend.

Den kompletten Artikel lesen Sie in der M&R 1/2015, erhältlich ab dem 5. Januar 2015 am Kiosk, im Bahnhofsbuchhandel oder im Abonnement. Die Ausgabe können Sie auch im M&R-Shop bestellen.

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