Melodie & Rhythmus

Analyse: Effektiv vermarketer Eklat

23.06.2014 14:42

Conchita Wurst
Foto: Guillaume Horcajuelo (DPA)

Conchita Wurst
»Rise Like a Phoenix«

Conchita Wursts Beitrag zum Eurovision Contest (ESC) »Rise Like a Phoenix« ist ein leidlich gutes Popgebilde. Beim Text muss man sich nicht aufhalten (Liebesschmerz bzw. -frust gepaart mit Rache- und Vergeltungsgefühlen – schon millionenfach gehabt). Die Musik bildet sich in der Melodieführung nicht überhastet heran und steigert sich in einer durchaus nachvollziehbaren, für einen Popsong nicht einmal uninteressanten musikalischen Dynamik zum pathetisch-emphatischen Refrain (der freilich mit den konventionellen absteigenden Sequenzen auf den sicheren Hafen von Altbewährtem setzt). Conchita Wurst kann singen, sie hat eine gute Stimme, die sie effektiv einsetzt.

Aber niemand wird diesen Song ins Pantheon der Pop-Annalen aufnehmen wollen. Der Song ist nicht außergewöhnlich – so schreibt man für den Grand Prix Eurovision de la Chanson. Erinnert wird Conchita Wurst einzig deshalb werden, weil sie eine attraktive Frau mit Bart ist. Zyniker werden von einem Gimmick reden. Andere werden vom subversiven Politikum des Auftritts beeindruckt sein und vom emanzipativ gesetzten Zeichen im Kampf um die »Normalisierung« des Transgendertums im 21. Jahrhundert. Beide werden wohl recht haben – beides geht in der Popkultur, einzig in ihr, wo die Grenzen von Werk und Person aufgehoben sind und Vermarktung und demonstrative Ankündigungen von Innovationen sich entsprechend gegenseitig bedienen.

MosheZuckermann (Psycho)Analyse: Abrissbirnen KoitusMoshe Zuckermann ist Kunsttheoretiker und lehrt an der Universität Tel Aviv (u. a. Kritische Theorie). Er hat diverse Bücher und Aufsätze über Kunstautonomie und zur Kulturindustriethese von Theodor W. Adorno veröffentlicht. Darunter »Kunst und Publikum. Das Kunstwerk im Zeitalter seiner gesellschaftlichen Hintergehbarkeit«. In den 1970er-Jahren war er als Komponist und Arrangeur tätig.

Die komplette Analyse lesen Sie in der M&R 4/2014, erhältlich ab dem 27. Juni 2014 am Kiosk, im Bahnhofsbuchhandel oder im Abonnement. Die Ausgabe können Sie auch im M&R-Shop bestellen.

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