Buarque bei einem Fernsehauftritt in Rio, 1969; Militärputsch in Brasilien, 1964
Fotos (Montage): Imago United Archives International, gemeinfrei / Arquivo Nacional Collection
Mit »Construção« erschien vor 50 Jahren ein Meisterwerk der brasilianischen Protestmusik. Heute wie damals unterliegt sein Schöpfer Chico Buarque der Zensur
Daniel Hunt
Anfang der 1960er-Jahre stand Brasilien für Fortschritt. Das galt vor allem für seine Musikkultur: Bossa nova, eine neuartige Mischung aus Samba und Cool Jazz, lieferte den Soundtrack zu jeder mondänen Party in Nordamerika und Europa und wurde in den USA so populär, dass er für kurze Zeit den Rock’n’Roll aus dem Radio verdrängte.
1962 veranstaltete die US-Präsidentengattin Jacqueline Kennedy im Weißen Haus ein glamouröses Fest. Höhepunkt war der Auftritt von Paul Winter, der eigentlich mit seiner Band gerade auf einer vom US-Außenministerium finanzierten Tour durch Lateinamerika unterwegs war. Winters Sextett präsentierte den illustren Gästen Bossa-nova-Standards, darunter eines von Jackies Lieblingsstücken: Carlos Lyras »Maria Ninguém«. Was dabei der US-amerikanischen Kommission für Schöne Künste, die für die Planung der Party verantwortlich war und von der First Lady hinzugezogen wurde, um die Kulturelite ins Weiße Haus zu locken, vermutlich entgangen war: Lyra war Mitglied der Kommunistischen Partei Brasiliens – wie im Übrigen auch einige andere Protagonisten der zweiten Bossa-nova-Welle, etwa Sérgio Ricardo, Chico Buarque und Nara Leão.
Im Dezember desselben Jahres eröffnete indes Jackies Gatte, Präsident John F. Kennedy, dem ehemaligen brasilianischen Amtskollegen Juscelino Kubitschek, dass ihm Brasilien derzeit mehr Sorgen als Kuba bereite. Der US-Botschafter in Brasilien, Lincoln Gordon, empfahl wenig später, Vorbereitungen zu treffen, um die Präsidentschaft von Joño »Jango« Goulart – der Sympathien für Fidel Castro hegte – durch ein »wünschenswerteres Regime« abzulösen. Während im Weißen Haus das Schicksal seines Landes bestimmt wurde, nahm der brasilianische Bossa-nova-Pionier João Gilberto in New York die englische Fassung von »Garota de Ipanema« auf.
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Übersetzung: Bastian Tebarth
Der komplette Beitrag erscheint in der Melodie & Rhythmus 2/2021, erhältlich ab dem 19. März 2021 am Kiosk, im Bahnhofsbuchhandel oder im Abonnement. Die Ausgabe können Sie auch im M&R-Shop bestellen.
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