In der Debatte um Kultur wedelt der Schwanz mit dem Hund. Das Recht der Urheber dient den Verwertern. Wenn die Politik von Kunst redet, meint sie Arbeitsplätze und Steuereinnahmen. Der Widerspruch zwischen den massenmedialen Strukturen des 20. Jahrhunderts und der Peer-to-Peer-Vernetzung des 21. wird immer größer. Die Energiewende macht hoffen, dass ein Umdenken auch hier möglich ist.
Text: Volker Grassmuck
Die digitale Revolution hat zwei grundlegende Neuerungen gebracht: Mit PC und Internet stehen universale Produktionsmittel und globale Distributionsmittel für Kulturgüter praktisch jedermann zur Verfügung. Eine Band kann ihre Songs auf dem Laptop produzieren und vom selben Laptop aus ihren Fans in aller Welt und denen, die es werden könnten, anbieten. Diese beiden schlichten Tatsachen verändern alles. Das 20. Jahrhundert stand unter dem Zeichen der Kulturindustrie (Horkheimer/Adorno) – medientechnologisch, -ökonomisch und -rezeptiv. Die Devise des 21. lautet: Here comes everybody (Clay Shirky).
Produktionsmittel heißt, jeder hat die Werkzeuge, sich im Genre seiner Wahl kreativ auszudrücken, ohne erst das Nadelöhr des Zugangs zu Studios und anderen Investitionsgütern passieren zu müssen. Natürlich erschafft niemand Werke voraussetzungslos aus dem Nichts. Jeder, der Neues schafft, steht auf den Schultern seiner Vorgänger, oder urheberrechtlich: auf einem Sockel von Gemeinfreiem und im Dialog mit seinen Zeitgenossen. Der Dialog kann auch direkt mit veröffentlichtem Material anderer erfolgen. Was technisch kein Problem darstellt, ist – mehr moralisch als urheberrechtlich – mit der Auf lage der Namensnennung verbunden. Deshalb empfinden wir Guttenbergs Remix-Dissertation als verwerf lich, während wir Kutimans legendäres Projekt »Thru You«, der die Beiträger auch nicht um Erlaubnis gefragt, aber akribisch aufgeführt hat, schätzen. Dazu gehören vor allem auch die in vor-digitalen Zeiten undenkbaren Formen großangelegter, weltweit verteilter kooperativer Kreativität in Freier Software, Wikipedia oder auf CCmixter.org. Drittens ist der PC auch ein universales Reproduktionsmittel, das es erlaubt, bestehende Werke unverändert zu vervielfältigen.
Das komplette Essay lesen Sie in der melodie&rhythmus 3/2011, erhältlich ab dem 3. Mai 2011 am Kiosk oder im Abonnement.
Anzeigen br>Volker Grassmuck ist Mediensoziologe, freier Autor, Aktivist und Projektemacher. Er hat die Konferenzserie Wizards-of-OS.org und das Informationsportal zum Urheberrecht iRights.info geleitet, die Initiativen mikro-berlin.org und privatkopie.net mit gegründet, unterrichtet derzeit Medienwissenschaft an der Universität Paderborn und bloggt unter vgrass.de.