Foto: Fabrizio Bensch (Reuters)
Die Abkommen TTIP & Co sind ein Angriff auf die Kultur
Demokratie geht anders: Spätestens seit die Europäische Kommission 2014 den Start einer offiziellen Bürgerinitiative gegen diverse Freihandelsabkommen mit nordamerikanischen Staaten abgelehnt hat, müssten europaweit ununterbrochen die Alarmglocken läuten – gerade im Kulturbereich. Eine selbstorganisierte Europäische Bürgerinitiative Stopp TTIP und CETA! unterstützen immerhin fast 1,3 Millionen Menschen in sieben EU-Mitgliedsstaaten. Laut Umfragen lehnen rund 97 Prozent der EU-Bevölkerung die Abkommen ab. Die Verhandlungen hinter verschlossenen Türen zwischen Wirtschaftsvertretern und Politik über TTIP & Co gehen dennoch weiter. Die bayerische Politik reklamiert deren Sinn ganz offen: »Bayern braucht Export als Wirtschaftsmotor.«
Dagegen setzt der auf Ausgleich bedachte Deutsche Kulturrat das größte Zeichen, zu dem er fähig ist: Der UNESCO-Tag der Kulturellen Vielfalt wurde als Aktionstag gegen die Abkommen ausgerufen. Alle Bürger werden gebeten, am 21. Mai gegen die Abkommen »zu kämpfen«. Neben den Wirtschafts-, Sozial- und Umweltstandards steht die austarierte Kultur- und Förderpolitik in Europa zur Disposition. Durch juristisch nicht anfechtbare Schiedsverfahren könnten die US-Amerikaner mit einer Klage über Wettbewerbsverzerrung alle kulturellen Subventionen in Europa deregulieren – von der Buchpreisbindung über die Musikschulen, die Museumslandschaft bis zur Musik- und Theaterförderung. Private Schiedsgerichte seien ein »Systembruch des Völkerrechts«, stellt der ehemalige Bundesverfassungsrichter Prof. Siegfried Broß in einer Expertise der Hans-Böckler-Stiftung fest. Die vor der Demokratie verschlossenen Türen sind es auch.
Red
Der Artikel erscheint in der M&R 2/2015, erhältlich ab dem 27. Februar 2015 am Kiosk, im Bahnhofsbuchhandel oder im Abonnement. Die Ausgabe können Sie auch im M&R-Shop bestellen.