Asaf Avidan holt den Indierock nach Israel
In Israel gehört Asaf Avidan längst zu den großen Rockstars. Dabei haben seine Songs nichts, was man hierzulande mit israelischer Musik verbinden würde. Aber warum auch? Israel ist ein Land, dessen Bevölkerung aus allen fünf Kontinenten eingewandert ist. Die Songs auf Avidans zweitem Album »Poor Boy/Lucky Man« changieren zwischen sanftem Folk und hartem Indie Rock. Bei dem jungen Sänger aus Tel Aviv vollzog sich die Bewegung in entgegengesetzter Richtung zu den meisten seiner Landsleute. Seine Eltern, so erzählt er, gingen in den Siebzigern nach New York. »Ihre Plattensammlung umfasste alles, was man damals in New York gehört hat, von Jazz und Blues über Rock bis Klassik. Das ist meine musikalische Herkunft. Ich mag es nicht, stigmatisiert zu werden. Selbst in China höre ich Rock’n’Roll. Musik ist für mich viel zu persönlich, um sie national zu definieren. Ich höre viel Musik, aber Bücher und Filme beeinf lussen mich genauso wie andere Musik. Künstler sind wie Schwämme. Ich weiß nicht, was mich beeinf lusst.«
Die Klammer für die höchst unterschiedlichen musikalischen Statements auf Avidans Album ist seine expressive Stimme. Angesichts des Vorgängeralbums »The Reckoning« wurde ihm seitens der Kritik unterstellt, Janis Joplin zu imitieren. Derartige Vergleiche findet er zu Recht absurd. Sicher ist er ein Meister des hohen Pressgesangs, doch sein vokales Spektrum ist viel reicher. Für jedes menschliche Gefühl kann er in ein anderes Stimmgewand schlüpfen. »Ich setze meine Stimme ganz intuitiv ein und mache mir überhaupt keine Gedanken, ob ich diesen Song mit tieferer und einen anderen mit höherer Stimme singen soll. Ich sehe meine Songs wie ein Maler seine Gemälde. Mir steht die gesamte Farbpalette zur Verfügung. Das sind niemals kalkulierte Entscheidungen. Ich bin froh, all diese Farben auf der Palette zu haben. Die Stimme ist einfach nur eines unter vielen Instrumenten. Man fragt einen Gitarristen ja auch nicht, warum er bestimmte Akkorde und Sounds spielt.«
In Israel macht er sich mit seinen Liedern von Liebe und Leid nicht nur Freunde. Oft wird ihm vorgeworfen, nicht die typisch israelischen Themen aufzugreifen. »Das finde ich lächerlich, denn die allgemeinen Themen, die uns seit Beginn der Menschheit beschäftigen, sind so viel wichtiger als diese Auseinandersetzungen. Wenn wir eines von der Geschichte gelernt haben, dann dass der Konflikt zwischen Israeli und Palästinensern nur ein Punkt oder Komma in den Annalen der Geschichte ist. Ich versuche, herauszufinden, worin der Sinn von Leben und Tod besteht. Alle anderen Fragen sind auch wichtig, aber es sind eben nicht die Themen, über die ich schreiben kann.«
Wolf Kampmann
ASAF AVIDAN & THE MOJOS: Poor Boy – Lucky Man
Columbia/Sony Music, VÖ: 15.04.2011
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