Das Festival interfilm lässt Kurzfilme live vertonen
Unter Fußballfreunden ist es nicht unüblich, bei Länderspielen den Fernsehton auszuschalten, um nicht 90 Minuten lang dem Metaphern-Terror der kommentierenden Dampfplauderer ausgesetzt zu sein. Ähnlich rabiat – wenn auch mit anderer Intention – wird beim 27. Internationalen Kurzfilmfestival interfilm in Berlin vorgegangen. In der Sektion »Sound & Vision« dreht man Kurzfilmen einfach mal den Ton ab. Aber nicht, um sie verstummen zu lassen, im Gegenteil: die Filme werden live neu vertont.
Die Aktion findet am 18. November in der Volksbühne Berlin statt. Im Großen Saal werden Kurzfilme gezeigt, allerdings ohne Ton. Vor der Leinwand sitzen Musiker und spielen Filmmusiken, die ihnen angesichts der Bilder spontan einfallen: Kaufmann & Bernhardt (multiinstrumentales Orchesterduo), Elektroschmock (Electronica concrète), Christopher Zitterbart (Gitarrensounds), Scene (Postrock-Experimente), Susie Asado (Singer-Songwriterin), Christof Schnelle (Elektro-Filmmusik), Bitgewitter (Elektroritter) und ein Blasquartett.
Nicht alle Musiker wollen Musiker genannt werden, einige bezeichnen sich als Klangkünstler. Das deutet auf einen spannenden Abend mit anspruchsvollen Hörgenüssen hin. Vielleicht sollte man die Live-Vertonungen mitschneiden und beim nächsten Festival unter ein Fußballspiel legen. Es kann für das Spiel nur von Vorteil sein.
Jürgen Winkler
Der Beitrag erscheint in der melodie&rhythmus 6/2011, erhältlich ab dem 2. November 2011 am Kiosk oder im Abonnement.
Anzeigen br>