Melodie & Rhythmus

Hollywood als Droge

02.09.2014 15:54

maps_to_the_stars

»Maps to the Stars« ist David Cronenbergs neues Pamphlet gegen die amoralische Filmindustrie

Wenn wir ehrlich sind, hat David Cronenberg seit dem Gangster-Thriller »Eastern Promises« nur noch bedingt für große Kino-Momente sorgen können. Der Meister der Verstörung mühte sich zuletzt an der Figur des übermächtigen Investmentbankers ab (»Cosmopolis«), ohne aber an die grandiose Buchvorlage anknüpfen zu können. Mit »Maps to the Stars« gelingt dem Kanadier aber nicht nur eine scharfsinnige Adaption des Skripts von Bruce Wagner – der 71-Jährige kehrt zu seinem Kerngeschäft Gesellschaftskritik zurück. Die reiche Familie Weiss ist mit dem psychoanalytischen Guru von Vater, der suizidgefährdeten Management-Mutter und dem 13-jährigen Kinderstar-Sohn á la Justin Bieber zwar eine leichte Zielscheibe, aber auch der perfekte Spiegel der heuchlerischen Mechanismen in Hollywood. Als die Tochter Agatha aus der Psychiatrie entlassen wird und nach L.A. kommt, um die Fehler ihrer Vergangenheit wettzumachen, fletscht die dreckige Fratze der reichen Filmindustrie allmählich die Zähne. Zwischen brutalem Zynismus, bitterböser Satire und demaskierendem Realismus porträtiert Cronenberg eine Parallelgesellschaft, die wie Drogensüchtige nach Macht, Anerkennung und Erfolg lechzt. Neben John Cusack und Mia Wasikowska brilliert vor allen Dingen Julianne Moore als gealterte Diva, der alle Mittel recht sind, um wieder eine große Rolle zu bekommen. »Maps To The Stars« ist ein dramatischer Independent-Film mit großartigem Ensemble und einem schier grotesken Finale. Der Cronenberg kann es also doch noch.

Text: Sebastian Weiß, Foto: Daniel McFadden

Verlosung
Wir verlosen bis zum 8. September 5 x 2 Freitickets. Schicken Sie eine E-Mail mit Namen und Adresse an: verlosung@melodieundrhythmus.com, Kennwort: Cronenberg
Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.

Anzeigen



TOP 10: Mai 2024

Liederbestenliste

Ältere M&R-Newsletter

Aus dem M&R-Archiv

Auf Ostfrontlinie gebracht
Nationalistische Parolen, Geschichtsklitterung, Hassexzesse, sogar Begeisterung für den totalen Krieg – einer wachsenden Zahl von Künstlern und Intellektuellen ist offenbar jedes Mittel recht, um sich der neuen Volksgemeinschaft gegen Russland anzudienen. weiterlesen

Melden Sie sich für unseren Newsletter an

Rudolstadtfestival 2023: Viva Cuba

Fotos von Katja Koschmieder und Jens Schulze weiterlesen

In eigener Sache

Stellenausschreibung
Die Verlag 8. Mai GmbH sucht eine Kulturredakteurin (m/w/d) für die Melodie & Rhythmus

*****************

Wenn die Kraft fehlt
Weshalb der Verlag 8. Mai das Kulturmagazin Melodie & Rhythmus einstellt

Leider müssen wir heute eine schmerzliche Niederlage eingestehen: Das Magazin für Gegenkultur Melodie & Rhythmus (M&R) kann nicht weiter erscheinen. Das hat verschiedene Gründe, sie sind aber vor allem in unserer Schwäche und in der der Linken insgesamt zu sehen. weiterlesen

*****************

»Man hat sich im ›Grand Hotel Abgrund‹ eingerichtet«
Zum Niedergang des linken Kulturjournalismus – und was jetzt zu tun ist. Ein Gespräch mit Susann Witt-Stahl

Ausgerechnet vor einem heißen Herbst mit Antikriegs- und Sozialprotesten wird M&R auf Eis gelegt – ist das nicht ein besonders schlechter Zeitpunkt?
Ja, natürlich. … weiterlesen

logo-373x100

Facebookhttps://www.facebook.com/melodieundrhythmus20Twitter20rss

Jetzt abonnieren

flashback