Die alte Frage der Arbeiterbewegung, ob es selbstbestimmte sozialistische Inseln im Kapitalismus geben könnte, als Genossenschaften beispielsweise – solidarisch, internationalistisch, ausbeutungsfrei –, schien seit Lenin und später den Hippies negativ beantwortet. Dann kam die »Fusion«. Auf dem 1993 von der Roten Befreier- Armee verlassenen Gelände des ehemaligen Militärflughafens nahe des mecklenburgischen Dorfes Lärz versammelten sich alljährlich Leute, die zusammen feiern wollten, einige Tage »Ferienkommunismus«, so die Veranstalter.
Auch die 18. Fusion Ende Juni bot wieder Theater, Performances, Zirkus, Spiele – vor allem aber Musik mit viel Bass und Elektro, aber nicht nur. Etwa 70.000 reisten mit ihren im Internet verlosten Tickets an. Im Vorjahr waren es wesentlich mehr gewesen, die ihr Glück versucht hatten: Mindestens 10.000 seien »illegal«, also ohne Ticket, auf das Gelände gelangt, hieß es – und dass die Infrastruktur überlastet gewesen sei. Damit war 2014 Schluss, dank einiger Auflagen: Ein mit Stacheldraht gekrönter Zaun erfüllte seine Funktion als Abschreckung, sein stabiler Zwilling drei Meter dahinter ergänzte den Eindruck, und die Dutzenden Männer und Frauen vom bunten Wachdienst sorgten für den Rest. »Fernab der Gesellschaft« soll eine »Parallelgesellschaft« entstehen, »frei von Zwängen und Kontrollen«? Neue Heimat, Konsum und die BFG gibt es auch nicht mehr, was trotz alledem irgendwie schade ist.
Text und Foto: Raoul Wilsterer
Der Beitrag erscheint in der M&R 5/2014, erhältlich ab dem 29. August 2014 am Kiosk, im Bahnhofsbuchhandel oder im Abonnement. Die Ausgabe können Sie auch im M&R-Shop bestellen.
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