Foto: Aaron Josefczyk (Reuters)
Ein Widerspruch geht durch sein Werk und Image. Einerseits kennt man Bruce Springsteen spätestens seit den 1980ern als Hitschreiber des Mainstream-Rocks, von dem es viele Fotos mit der US-Flagge gibt. Andererseits gibt es von ihm auch realitätshaltige, poetische Texte mit Zeilen wie diesen, die von John Steinbecks Roman »Früchte des Zorns« inspiriert wurden: »Hot soup on a campfire under the bridge / Shelter line stretching ‘round the corner / Welcome to the new world order / Families sleeping in the cars in the southwest / No home, no job, no peace, no rest« (»The Ghost of Tom Joad«, zusammen mit Tom Morello, ehemals Rage Against the Machine, 2014). Verdichtet findet sich dieser Widerspruch in seinem wohl bekanntesten Lied »Born in the USA« von 1984. Titelzeile, Instrumentierung und Gesang lassen zunächst argwöhnen, es handele sich um patriotischen Unfug. Aber der Text erzählt von dem Schicksal eines Vietnam-Veteranen. Es ist eine personifizierte Kritik an der US-Gesellschaft. »You end up like a dog, that’s been beat too much / Till you spend half your life just covering up.« Es stimmt allerdings, dass der Mann bessere Songs geschrieben hat. Wir ehren den Künstler aus New Jersey, der am 23. September seinen 65. Geburtstag feiert, indem wir eine Kontroverse anzetteln.
Gerald Fricke und Frank Schäfer fühlen sich an ihre Jugend erinnert und diskutieren die These:
Bruce Springsteen steht für progressive US-Rockmusik und die Kritik am »Amerikanischen Traum«
PRO
Der Boss ist für alle da
Das Fünffach-Album »Live 1975 – 1985« von Bruce Springsteen war ein beliebtes Geschenk bei westdeutschen Gymnasiasten, die sich auf ihren Schüleraustausch in den USA vorbereiteten. Mich interessierten, ehrlich gesagt, die französischen Austausch-Schülerinnen mehr, aber zwei Klassenkameraden, Arztsohn und Lehrersohn, verliebten sich inmitten des Kalten Krieges inniglich in Michael J. Fox und Bruce Springsteen. Tja. Und in die amerikanische Flagge, in Holzfällerhemden, American Football und …
Gerald Fricke
Akademischer Rat an der TU Braunschweig, forscht und lehrt zur Webgesellschaft. Er veröffentlichte mehrere satirische Bücher, zuletzt: »Dienstanweisung Internet«.
CONTRA
Der Poseur
Auf einem hinterwäldlerischen Kleinstadtgymnasium inmitten der Lüneburger Heide blätterte eine zehnte Klasse die Englischlehrbücher auf. In dem Kapitel, das wir zu lesen begannen, wurde ein ganz heißes Eisen angefasst. Es ging um die bedenkenswerte Frage, ob man angesichts der Lebensumstände in den USA von einem »American Dream« oder nicht doch eher »American Nightmare« sprechen müsse. Da gab es allerhand zu radebrechen. …
Frank Schäfer
lebt als Schriftsteller in Braunschweig. Zuletzt erschien von ihm: »BLAM! BLAM! BLAM! Ein Comic(ver)führer« und »Metal Anthology. Ansichten und Meinungen eines Schwermetallsüchtigen«.
Die kompletten Debattenbeiträge lesen Sie in der M&R 5/2014, erhältlich ab dem 29. August 2014 am Kiosk, im Bahnhofsbuchhandel oder im Abonnement. Die Ausgabe können Sie auch im M&R-Shop bestellen.
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