
Illustration: Eva Schönfeld
In Bern steht der Bürgerschreck in bester Lage. Ein brachiales Urgestein, übersät mit Graffitis und Transparenten, das die Reisenden, die über die Eisenbahnbrücke in die Stadt gelangen, mit politischen Botschaften empfängt. Es ist der Willkommensgruß der Reitschule – der Willkommensgruß der Anarchie. Ausgerechnet in der Hauptstadt der kleinkarierten Schweiz, für die der Journalist und Lyriker Niklaus Meienberg die wohl treffendsten Worte fand, als er, im vergangenen Zeitalter der weltweiten Revolten, in schierer Verzweiflung über den Unwillen der Eidgenossen zu Aufbruch und Veränderung schrieb: »Wäre die Bastille in Bern gestanden / Sie hätten zuerst den Denkmalschutz gefragt.« Meienbergs Votum gegen das in der politischen Kultur des Landes verbreitete Duckmäusertum ist heute an der Wand des Rössli, der verrauchten Bar der Reitschule, zu lesen, wenn auch mit feinem Sinn für Ironie. Denn dass es dieses anarchische Haus überhaupt gibt, haben die Berner auch ein bisschen dem Denkmalschutz zu verdanken.
Patricia D’Incau
arbeitet als Redakteurin für die schweizerische Zeitung Vorwärts. Als Kennerin der Musikszene der Alpenrepublik schrieb sie in den vergangenen Jahren zahlreiche Rezensionen für das Online-Magazin exitmusic.ch. Foto: S. Walter
Die komplette Kolumne lesen Sie in der Melodie und Rhythmus 3/2016, erhältlich ab dem 29. April 2016 am Kiosk, im Bahnhofsbuchhandel oder im Abonnement. Die Ausgabe können Sie auch im M&R-Shop bestellen.
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