60 Jahre »Schwarzer Kanal«

Foto: DPA
Karl-Eduard von Schnitzlers Sendung gibt es nicht mehr – gebraucht wird sie bis heute
Arnold Schölzel
Es waren nicht völlig andere Zeiten, als Karl-Eduard von Schnitzler (1918–2001) am 21. März 1960 zum ersten Mal den »Schwarzen Kanal« im DDR-Fernsehen moderierte. Der Unterschied: DDR und BRD existierten etwas mehr als zehn Jahre, und die »Zone« sollte »befreit« werden. Viele Namen von damals sind zu Recht vergessen, die irren Falschmeldungen über den Osten erreichten allerdings heutiges Fake-News-Niveau, aber das war Oberfläche. Die Inhalte sind 60 Jahre danach wieder da: Krieg und Nazis. Russland hat als angeblich potenzieller Angreifer die Sowjetunion abgelöst, die Medien striegeln Faschisten zu »Rechtspopulisten«. Ein kommentiertes Konzentrat von Originalbildern und -tönen der Akteure, wie es der »Schwarze Kanal« wöchentlich lieferte, wird dringend gebraucht.
Von Schnitzler begründete mit seiner Sendung ein neues Genre des Journalismus: Er demonstrierte, wie mit Fernsehen Krieg geführt wird, bevor er begonnen hat. Nicht nur in dieser Hinsicht war er Nachfolger von Karl Kraus und Kurt Tucholsky. Resonanz hat er bis heute. 2016 brachte das Deutsche Rundfunkarchiv eine Auswahl von »Kanal«-Sendungen auf sechs DVDs heraus – mit einem wirren Begleitschreiben des damaligen MDR-Chefredakteurs und heutigen Intendanten des Deutschlandfunks, Stefan Raue, der in Pegida und Co. die »Wortwahl und die Verbohrtheit« des »altkommunistischen Kalten Kriegers« von damals hineinhalluzinierte. Über das »Rot-gleich-Braun«, das »Der Feind steht links« meint, kam bundesdeutsches Meinungsmanagement nie hinaus. Vom Antibolschewismus der NS-Schriftleiter zum demokratischen Antikommunismus führte nach 1945 in Westdeutschland ein kurzer Weg.
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Der komplette Beitrag erscheint in der Melodie & Rhythmus 2/2020, erhältlich ab dem 13. März 2020 am Kiosk, im Bahnhofsbuchhandel oder im Abonnement. Die Ausgabe können Sie auch im M&R-Shop bestellen.
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